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Wird das Metaverse revolutionieren, wie wir Sport treiben?

Foto: Envato / s_kawee

Wird das Metaverse revolutionieren, wie wir Sport treiben?

Es ist amtlich: Der Super Bowl, das weltweit größte Football-Event, wird dieses Jahr von einem Streaming-Event im Metaverse begleitet werden. Was könnte das Metaverse in Zukunft für die Sportbranche bereithalten?

2024 wird der Superbowl erstmals zum Metaverse-Event

In einem aufwendigen Live-Event soll der diesjährige Superbowl auf der Metaverse-Plattform „TCG World“ als Stream übertragen werden. Im Rahmen der virtuellen Veranstaltung am 3. und 4. Februar 2024 sollen auch Prominente aus der US-amerikanischen Sportbranche zu Wort kommen. „Legends Live“ wird der erste Sport-Event im Metaverse in dieser Größe sein. Ein virtuelles Ticket für die virtuelle Veranstaltung wird mit 19,99 US-Dollar zu Buche schlagen. Der Veranstalter wirbt mit mehr als 15 Stunden an Streaming-Material. Genauere Informationen gibt es zum bisherigen Zeitpunkt nicht.

Online-Angebote für Sportfans sind momentan noch technisch limitiert

Solche Mega-Events sind allerdings noch eine Ausnahmeerscheinung. Digitale Sportplattformen im Internet und Apps für Sportfans scheinen derzeit noch nicht ihr volles Potenzial erreicht zu haben. Viel mehr als Online-Übertragungen von Spielen und Matches und vergleichsweise einfache Sportsimulationen umfassen die aktuellen Angebote noch nicht. Das Metaverse könnte dies ändern.

Verantwortlich dafür ist die dezentrale, modulare Struktur des Metaverse. Das Metaverse wird nicht nur die zweidimensionalen Websites des Internets durch eine frei erkundbare 3D-Welt ersetzen. Darüber hinaus wird es eine dreidimensionale, modulare Struktur bieten, in die sich Angebote aller Art nahtlos integrieren lassen – auch virtuelle Sportangebote. So kann sich beispielsweise neben einem virtuellen Einkaufszentrum ein virtuelles Stadion oder eine virtuelle Rennstrecke befinden. Die Auswirkungen auf digitale Sportangebote werden immens sein.

Im Metaverse werden die Sportveranstaltungen der Zukunft stattfinden

Wo konventionelle Veranstaltungen an ihre Grenzen stoßen, fangen Metaverse-Veranstaltungen gerade erst an. Im Metaverse kann jeder in der ersten Reihe sitzen – virtuelle Stadien werden theoretisch unendlich viele Avatare fassen.

Streaming-Veranstaltungen im Metaverse sind erst der Anfang. In Zukunft können etwa gestreamte Videodaten per generativer KI in 3D-Daten umgewandelt werden. Wer will, kann den Wettbewerb dann aus jeder erdenklichen Perspektive erleben. Denkbar wäre auch, dass bei  Sportveranstaltungen die Teilnehmer in Form von Avataren direkt im Metaverse agieren. Ein weiterer Clou: die Events sind Teilnehmern aus der ganzen Welt zugänglich – und somit vollständig barrierefrei.

Das Metaverse kann trockene Workouts endlich unterhaltsam machen

Die Berieselung durch Spotify und Netflix kann klassischem Ausdauertraining zu Hause nur bedingt die Monotonie nehmen. Kombiniert mit einem virtuellen Lauf durch eine malerische Landschaft im Metaverse dürfte das tägliche Workout auf dem Laufband zu einem inspirierenden Erlebnis werden lassen.

Einige Fitness-Apps für Spielekonsolen – wie „Ring Fit Adventure“ des japanischen Herstellers Nintendo – haben bereits versucht, sich diesem Erlebnis anzunähern. Sie bieten die Möglichkeit, ein Ausdauertraining zu absolvieren und dabei eine ansprechende, abwechslungsreiche Landschaft an sich vorbeiziehen zu lassen. Dabei sind solche Apps jedoch an die Plattform und die Hardware des jeweiligen Herstellers gebunden und können daher nur eine vergleichsweise kleine Zielgruppe erreichen. Das Metaverse hat Potential durch seine modulare und dezentrale Struktur ein Ökosystem für Fitness-Apps zu schaffen, das allen Metaverse-Nutzern offen steht.

Das Metaverse könnte komplett neue Sporterfahrungen schaffen

Existierende Sportarten digital nachzubilden, ist nur eine der zahlreichen Möglichkeiten des Metaverse. Da Metaverse-Erfahrungen nicht an die Gesetze der Physik gebunden sein müssen, sind auch komplett neue Sporterlebnisse möglich. Fußball mit Raketenstiefeln am Himmel, Hockey in Tauchanzügen unter Wasser, Tennis mit Mond-Schwerkraft – die Grenzen sind nur durch die Fantasie der Organisatoren gesetzt.

Das Problem mit dem E-Sport – und wie das Metaverse es lösen könnte

Früher wurden E-Sportler – sprich, Teilnehmer an Videospiel-Turnieren – belächelt. Heute erhalten professionelle E-Sportler hoch dotierte Sponsorenverträge. Die Anfänge des E-Sports reichen bis in die frühen 1970er-Jahre zurück. Damals fanden in den USA Highscore-Wettbewerbe für populäre Videospiele statt. Ende der 1990er-Jahre galt das technologisch fortschrittliche Südkorea als größte Keimzelle des E-Sports. Dort fand 1999 das erste im Fernsehen übertragene E-Sport-Match statt. Es wurde in dem populären Strategiespiel „Starcraft“ ausgetragen.

Inzwischen geht es in der E-Sport-Branche um viel Geld: Aktueller Spitzenreiter ist das Action-Strategiespiel „Dota 2“ („Defense oft the Ancients 2“). Hier lag das kombinierte Preisgeld für die Spieler im Jahr 2023 bei 30,82 Millionen US-Dollar.

Weitere E-Sport-Spiele mit Preispools in Millionenhöhe sind laut Statista die Actionspiele „Playerunknown’s Battlegrounds“ (PUBG), „Fortnite“, „Arena of Valor“ und „Counter-Strike: Global Offensive“. Allerdings sticht ein weiteres Detail sofort ins Auge: Keines der genannten Spiele ist ein klassisches Sportspiel – obwohl Sportsimulationen bereits seit den 1970er-Jahren existieren.

Konventionelle Sportsimulationen erfüllen noch nicht die Anforderungen für fairen E-Sport

Was zuerst kurios klingt, hängt hauptsächlich mit den Spielmechaniken von Sportsimulationen zusammen.

Da die Geschichte des E-Sports bereits mehrere Jahrzehnte zurückreicht, sind die Spieltechniken von E-Sportlern bereits extrem hochentwickelt. Daher eignen sich für E-Sport vor allem Spielmechaniken, die dem Spieler volle Kontrolle über das Spielgeschehen geben und in denen im Interesse fairer Voraussetzungen so wenig Aspekte wie möglich vom Zufall abhängen.

Doch gerade dies ist bei Computersportspielen wie etwa der FIFA-Fußballreihe kaum zu erzielen. Was hauptsächlich mit technischen Limitationen von Computer- und Videospielen zusammenhängt.

  • Was zahlreiche Sportarten ausmacht, lässt sich in Sportsimulationen bisher nur schwer nachbilden: Viele Sportarten, die vor allem von hohen Anforderungen an die Ausdauer der Spieler leben, lassen sich als Computer- und Videospielvariante nur als Reaktionstests umsetzen. Diesen fehlt dann die taktische Komplexität, die spannende E-Sport-Wettkämpfe ermöglicht.
  • Die Anzahl der gleichzeitigen Teilnehmer an einer Sportsimulation ist traditionell stark limitiert: Aus technischen und logistischen Gründen beträgt die gängige Teilnehmerzahl an Sportsimulationen auch heute noch 2 bis 4 Spieler. Das populäre Sci-Fi-Sportspiel „Rocket League“ erlaubt insgesamt acht Spieler – vier Spieler pro Team – und gehört damit zur technischen Speerspitze. Die offizielle „FIFA Pro Clubs“-Serie ermöglicht 11 individuelle Spieler pro Team, ist bei E-Sportlern jedoch noch wenig beliebt.
  • Limitierte Teilnehmerzahlen wirken sich negativ auf die Simulation von Teamsportarten aus: Eine gängige Computer- und Videospielsimulation eines Fußballspiels besteht etwa darin, dass jeder Spieler die Spielfigur steuert, die dem Ball am nächsten ist. Alle anderen Spieler auf dem Spielfeld werden durch KI-Routinen gesteuert. Dadurch wird dem Spieler ein großer Teil der Kontrolle über das Spielgeschehen entzogen. Jeder Spieler kann somit Glück oder Pech mit dem Verhalten der computergesteuerten Spielfiguren haben, wodurch es dem Spielgeschehen an Fairness fehlt.
  • Sportsimulationen versäumten den ersten E-Sport-Boom: Zur Zeit des ersten Wachstumsschubs des E-Sports in der Mitte der 1990er-Jahre kam es zu zahlreichen Innovationen im Computerspielbereich. Diese betrafen in erster Linie die Genres Ego-Shooter und Strategie – besonders im Hinblick auf Mehrspieler-Erfahrungen. Strategie und Ego-Shooter avancierten daher zu den beliebtesten Genres in der E-Sport-Szene. Sportsimulationen hingegen lagen damals in der Gunst von Enthusiasten zurück und konnten diesen Rückstand in der E-Sport-Szene bis heute nicht aufholen.

Wie Sport im Metaverse den E-Sport aus seinem Dilemma holen könnte

  • Gleiche Voraussetzungen für jeden Teilnehmer: Die Integration von E-Sport-Angeboten in die dezentrale Struktur des Metaverse bedeutet, dass die E-Sport-Erfahrung für jeden gleich ist – von der grafischen Darstellung über die Perspektive der virtuellen Kamera bis hin zur Steuerung.
  • Disziplinen, auch im E-Sport: Disziplinen wie im klassischen Sport kennt der E-Sport aktuell nicht. Stattdessen treten die Spieler in einzelnen Spielen gegeneinander an. Das erhöht die Einstiegshürde für Interessierte. Durch die Übertragung von E-Sport-Angeboten ins Metaverse ließen sich auch hier virtuelle Sportdisziplinen etablieren – von der virtuellen Leichtathletik bis hin zu verschiedensten Fantasy-Disziplinen.
  • Das Metaverse als Chance für die Szene, sich neu zu erfinden: E-Sport war ursprünglich als Kräftemessen für Gaming-Genies ausgelegt – und nie dafür bestimmt, den Sprung in den Mainstream zu machen. Ein Neustart im Metaverse könnte eine neue Art von E-Sport schaffen, die für Interessenten aller Fertigkeitsstufen zugänglich ist.
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