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Vom Labyrinthspiel bis ins Metaverse – die Evolution der 3D-Steuerung

Foto: Envato / MikeShots

Die Evolution der 3D-Steuerung: vom Labyrinthspiel bis ins Metaverse

Das Metaverse wird das Internet ins 3D-Zeitalter bringen. Statt durch abstrakte, zweidimensionale Websites werden wir uns durch einen dreidimensionalen virtuellen Raum bewegen. Aber wie werden wir unseren Avatar steuern? Mit Maus, Tastatur, Controller, Virtual-Reality-Brille oder mit gänzlich anderen Eingabegeräten?

Die Lektion aus 40 Jahren Technologiegeschichte: Einfacher ist meistens besser

Da Computer- und Videospiele bereits seit rund 40 Jahren mit 3D-Welten experimentieren, bieten sie sich als Vergleichsmodell an. Zu den ersten Spielen, die die auf Heimsystemen Fortbewegung im 3D-Raum ermöglichten, gehörten Flugsimulatoren. Diese waren jedoch für ihre Komplexität berüchtigt und ließen sich oft nur mit spezieller Hardware optimal steuern. Dazu zählten spezielle Flightsticks mit auf Flugsimulatoren ausgelegten Knöpfen und Schubreglern.

Heute führen Flugsimulatoren ein Nischendasein. Das Rennen haben dagegen Computer- und Videospiele gemacht, die auf eine möglichst einfache Steuerung setzen und ohne teure Spezialhardware auskommen.

Per Tastatur durch 3D-Welten – die Anfänge in Form von „3D Monster Maze“, „Doom“ und Co.

Wie werden wir einen Avatar im Metaverse steuern? 3D Monster Maze
In „3D Monster Maze“ (1981) muss der Spieler mithilfe einer sehr gelungenen Tastatursteuerung einem T-Rex entkommen.

Foto: Mobygames

Eines der ersten 3D-Spiele mit Ego-Perspektive war „3D Monster Maze“ von J. K. Greye Software (1981) für den englischen Heimcomputer Sinclair ZX81. Das einfache Labyrinthspiel, bei dem der Spieler einem T-Rex entkommen muss, wird mit der Tastatur gesteuert und spielt sich auch heute noch schnell und flüssig. Eine Steuerung per Joystick, wie sie Anfang der 1980er bei Computerspielen allmählich zum Standard wurde, gibt es noch nicht – und man vermisst sie auch nicht.

Auch die wegweisenden 3D-Spiele „Wolfenstein 3D“ (1992) und „Doom“ (1993) von id Software setzten auf die Tastatur als primäres Eingabegerät und beeindruckten durch ein schnelles und mitreißendes Spielgefühl. Beide Spiele nutzen die Pfeiltasten auf der rechten Seite der Tastatur. Hält man die ALT-Taste gedrückt, bewegt sich der Spieler seitlich und kann so geschickt ausweichen. Außerdem unterstützen beide Spiele Gamepads, die Anfang der 1990er Jahre langsam in Mode kamen.

Maussteuerung machte freies Umsehen in den simulierten 3D-Welten intuitiver

Mitte der 1990er Jahre nahm die Bewegungsfreiheit im simulierten 3D-Raum allmählich zu. Viele Spiele (wie etwa „Heretic“ von id Software aus dem Jahr 1994) erlaubten es dem Spieler nun, mit seinem digitalen Alter Ego nicht nur stur nach vorne zu blicken. Vielmehr war es nun möglich, sich im 3D-Raum umzusehen – auch während sich der Spieler bewegte.

Für die Gestaltung der Steuerung war diese neue Freiheit allerdings noch eine Herausforderung. Sie wurde zunächst durch die Belegung zusätzlicher Tasten auf der Tastatur gelöst – etwa die „Bild auf“- und „Bild ab“-Tasten oberhalb der Pfeiltasten.

Maus und Tastatur als unschlagbare Kombination für 3D-Spiele

Wirklich Spaß machte die neue Freiheit auf diese Weise jedoch noch nicht. Kurz darauf kamen findige Spieleentwickler auf die Idee, die Präzision der Maus zum Umsehen in der 3D-Welt zu nutzen, während die linke Hand des Spielers die Spielfigur mithilfe der Tastatur fortbewegt.

Wer die Maus auf der Mausmatte verschiebt, verändert damit schnell und intuitiv die Kameraperspektive. Zu den ersten Spielen mit „Mouselook“ zählten „Marathon“ (Bungie Entertainment, 1994), „Descent“ (Interplay Entertainment, 1994) und „The Terminator: Future Shock“ (Bethesda Softworks, 1995).

Die Fortbewegung per Tastatur in Kombination mit der Kameraführung per Maus wurde bei PC-Spielen immer beliebter. Der bahnbrechende Ego-Shooter „Half-Life“ von Valve kombinierte 1998 die Steuerung der Kamera mit der Maus und die Bewegung mit den WASD-Tasten der Tastatur.

WASD und „Mouselook“ als Standard-Eingabemethode für Gamer

Wie werden wir einen Avatar im Metaverse steuern? WASD-Tasten
Die WASD-Belegung auf der Tastatur gehört heute zu den Standards für 3D-Spiele.

Foto: Santeri Viinamäki / Wikipedia / CC BY-SA 4.0

„Half-Life“ war so erfolgreich und einflussreich, dass die Kombination aus WASD und „Mouselook“ zum Standard für PC-Spiele wurde. Der Nachteil: Nicht-Spieler benötigen eine Weile, bis die Kontrolle der Kamera per Maus in Fleisch und Blut übergeht.

Dasselbe gilt für das Fortbewegen der Spielfigur über die WASD-Tasten. Auf den ersten Blick wirkt die Tastatursteuerung über die Pfeiltasten intuitiver. Allerdings hat WASD den entscheidenden Vorteil zahlreicher benachbarter Tasten, die sich leicht erreichen und somit mit zusätzlichen Funktionen belegen lassen – wie etwa „R“ für das Nachladen der Waffe oder „F“ für das Ein- und Ausschalten der Taschenlampe der Spielfigur.

3D-Umgebungen bequem auf der Playstation von der Couch aus erkunden – ist das möglich?

Ende der 1990er Jahre und Anfang der 2000er Jahre erschienen auch auf Spielekonsolen immer mehr Titel mit aufwendigen 3D-Welten. Der Knackpunkt: Spielekonsolen benutzen generell weder Maus noch Tastatur und setzen stattdessen auf handliche Game-Controller für den Spielspaß im Wohnzimmer.

Wie sich dies auf die Spielbarkeit von 3D-Spielen auswirkt, beweist unter anderem die einflussreiche „Tomb Raider“-Serie. Die ersten drei Spiele der Serie setzen auf eine für heutige Verhältnisse sehr träge Steuerung über das Steuerkreuz des Controllers. Was damals wegweisend war, mutet heutzutage so an, als bewege man einen Panzer durch mit Gegnern und Schätzen gespickte Katakomben und Grabkammern. Protagonistin Lara Croft muss wie ein Fahrzeug zuerst in die richtige Richtung ausgerichtet werden, bevor sie sich fortbewegen kann.

Analogsticks ermöglichten feinfühligere Bewegungen im 3D-Raum

Die hauptsächlich von japanischen Studios vorangetriebene technische Entwicklung von Spielekonsolen in den späten 1990er schlug dementsprechend einen anderen Weg ein, um Game-Controller ins 3D-Zeitalter zu bringen. Nintendos wegweisender Titel „Super Mario 64“ mit seiner flüssigen Spielbarkeit sorgte im Alleingang dafür, dass Game-Controller mit Analogsticks zum Standard für 3D-Spiele für Spielekonsolen wurden.

Analogsticks sind eine Weiterentwicklung der herkömmlichen digitalen Joysticks aus den 1970er- und 1980er-Jahren. Statt wie bisher nur in acht Richtungen (rechts, links, oben, unten – inklusive Diagonalbewegungen) kann der Spieler seine Spielfigur nun in alle erdenklichen Richtungen bewegen. Auch stufenlose 360-Grad-Drehungen sind mit Analogsticks möglich.

Es ist somit nicht mehr notwendig, die Spielfigur in die gewünschte Richtung auszurichten, bevor sie loslaufen kann. Mithilfe eines Analogsticks kann sie sich sofort in jede gewünschte Richtung bewegen. Damit bieten Analogsticks zudem weitaus mehr Freiheiten als die Steuerung über die Tastatur.

Analogsticks erreichen bis heute nicht die Präzision einer Maussteuerung

Diesen Vorteil gleichen Controller jedoch mit einem Nachteil wieder aus. Die Kombination aus Komfort und Präzision einer Maussteuerung beim Umsehen im 3D-Raum können Analogsticks nicht bieten. Da Analogsticks auf der Oberseite des Controllers angebracht sind und standardmäßig mit dem linken oder rechten Daumen bewegt werden, stellt sich nie dasselbe solide Spielgefühl ein wie beim Bewegen einer Maus über ein Mauspad.

Dazu wird viel Feinmotorik im Daumen benötigt, was Anfänger vor einige Herausforderungen stellt. Seine Spielfigur ohne Schlangenlinien auf einer geraden Linie zu bewegen, sei die größte Herausforderung, witzeln vor allem Gegner der Analogstick-Steuerung. Allerdings steckt in diesem Witz auch ein kleines Quäntchen Wahrheit. Wer wie viele Spieler immer wieder von der schmalen Brücke im zweiten Kurs von „Super Mario 64“ gefallen ist, kann ein Lied davon singen.

Intelligente Kameraführung kompensiert die Schwächen von Analogsticks

Frühe 3D-Spiele für Gamecontroller mit Analogsticks legen deswegen weniger Gewicht auf das freie Umsehen im 3D-Raum und stattdessen auf eine ausgeklügelte Bewegungssteuerung der Spielfigur. In zahlreichen japanischen Spieleproduktionen wie “Super Mario 64” (Nintendo, 1997), „The Legend of Zelda: Ocarina of Time“ (Nintendo, 1998) und „Kingdom Hearts“ (Squaresoft, 2001) ist das freie Umschauen in der 3D-Welt nur möglich, wenn die Spielfigur stillsteht.

Da alle drei Spiele sich sehr flüssig steuern – unter anderem, weil die Kamera der Spielfigur intelligent folgt – und viel Spaß machen, vermisst der Spieler die eingeschränkte Freiheit beim Erkunden der 3D-Welt nur bedingt.

Die Dual-Analog-Steuerung als auf Spielekonsolen abgestimmte Variante von Maus- und Tastatursteuerung

Wie werden wir einen Avatar im Metaverse steuern? Controller mit Analog-Sticks
Der linke Stick übernimmt die Funktion der Tastatur, der rechte Stick die Funktion der Maus.

Foto: Pixabay / fancycrave1

Anfang der 2000er Jahre kristallisierte sich jedoch ein neuer Steuerungsstandard für 3D-Welten in Konsolentiteln heraus. Der linke Stick bewegt die Spielfigur, während der rechte Stick den Blickwinkel steuert – und zwar jederzeit, auch während sich die Spielfigur bewegt. Die Funktionen von Tastatur und Maus werden also auf die beiden Analogsticks verteilt. Diese Kombination erfordert zwar etwas Übung, bietet aber solide Kontrolle über die Bewegung im 3D-Raum.

Diese Steuerungstechnik wurde vor allem durch die „Halo“-Serie von Bungie Entertainment und Microsoft (ab 2001) zum neuen Standard erhoben. Als erstes Spiel mit Dual-Analog-Steuerung gilt der Ego-Shooter „Alien Resurrection“ für die Playstation 1 aus dem Jahr 2000. Kurioserweise wurde die Dual-Analog-Steuerung damals von der Presse – allen voran dem amerikanischen Spielemagazin Gamespot – als nahezu unspielbar eingestuft, was wiederum die hohe Lernkurve belegt.

Die Vor- und Nachteile der Analogsticks bleiben auch bei der Dual-Analog-Steuerung erhalten. Die Bewegung der Spielfigur lässt sich zwar etwas nuancierter ausführen als mit der Tastatur. Dafür ist die Steuerung des Blickwinkels etwas umständlicher und weniger präzise. Bis heute hält sich die Meinung, dass die Kombination aus Maus und Tastatur der Controller-Steuerung vorzuziehen ist, wenn vom Spieler Präzision verlangt wird.

Steuerung auf Touchscreens als neue Herausforderung

Wie werden wir einen Avatar im Metaverse steuern? Touchscreen-Steuerung
Bei Touchscreen-Steuerung behindern die Daumen des Spielers den Blick auf das Spielgeschehen.

Foto: Envato / ssumetha

Touchscreen-Geräte wie Smartphones und Tablets sind im Vergleich zu Tastatur, Maus und Controller regelrechte Newcomer. Dementsprechend hatte Touchscreen-Steuerung bisher vergleichsweise wenig Zeit, um zu reifen.

Touchscreen-Steuerung in Spiele-Apps funktioniert üblicherweise über Zonen am Rand des Bildschirms, die als virtuelle Sticks und Knöpfe fungieren. Diese bedient der Spieler, indem er seinen Daumen darüber platziert und in bestimmte Richtungen wischt. Dies erschwert oft präzise Manöver bei Geschicklichkeitsspielen, funktioniert aber überraschend gut bei 3D-Spielen, bei denen es auf Erkundung ankommt.

Bei dem beliebten Sandbox-Spiel „Roblox“ (Erstveröffentlichung: 2006) bewegt der Spieler die Spielfigur, indem er den Daumen auf den linken Rand des Displays platziert. Bewegt er den Daumen nach oben, wird die Spielfigur schneller. Bewegt er ihn unterhalb eines bestimmten Bereichs, bewegt sich die Spielfigur in die entgegengesetzte Richtung. Mit dem rechten Daumen bewegt der Spieler am rechten Bildschirmrand die Kamera nach oben, unten, links oder rechts.

Das generelle Manko der Touchscreen-Steuerung: Die Daumen des Spielers sind im Weg und verdecken den Bildschirminhalt.

Mit welcher Methode werden wir uns durch das Metaverse bewegen?

Um möglichst vielen Nutzern den Zugang zum Metaverse zu ermöglichen, erscheint eine intelligente Kombination aller Verfahren derzeit am sinnvollsten. Eine einfache Tastatursteuerung in Kombination mit einer intelligenten Kameraführung könnte ungeübten Nutzern den Einstieg erleichtern. Nutzer mit mehr Erfahrung könnten sich per „Mouselook“ umsehen oder einen Controller mit Analogsticks anschließen.

Das Metaverse wird derzeit oft mit Virtual Reality gleichgesetzt. Virtual-Reality-Brillen haben jedoch noch zu viele Kinderkrankheiten, deren Behebung wahrscheinlich noch Jahre dauern wird. Es ist daher davon auszugehen, dass sich das Metaverse auch ohne Virtual Reality im Mainstream etablieren wird.

Wie sieht die Zukunft der Eingabegeräte aus?

Die technische Entwicklung von Steuerungsmethoden und Eingabegeräten gilt allgemein als schwer vorhersehbar. Sie ist auch nicht vor kurzlebigen Hypes und Sackgassen gefeit. Mitte der Nullerjahre galt beispielsweise die Bewegungssteuerung ohne Sticks und Knöpfe als die Zukunft. Die Spielekonsole Wii von Nintendo wurde mit ihrer auf Bewegungen reagierenden Wii-Fernbedienung zu einem – wenn auch kurzlebigen – Welterfolg. Auch wer noch nie ein Videospiel gespielt hatte, fand schnell den Einstieg. Auf Dauer erwies sich Bewegungssteuerung jedoch als zu ungenau und für lange Spielesessions zu unbequem. Heute wird sie von Spieleentwicklern nur noch selten eingesetzt.

Auch Virtual-Reality-Brillen setzen weiterhin auf herkömmliche Sticks und Knöpfe zur Interaktion mit den simulierten 3D-Welten. Zwar gibt es bereits Systeme mit integriertem Handtracking, die ohne zusätzliche Eingabegeräte auskommen. Diese sind jedoch noch nicht präzise genug für den regelmäßigen Einsatz. Möglicherweise werden diese Kinderkrankheiten mit der Zeit behoben – oder es erscheint eines Tages eine revolutionäre Entwicklung auf den Markt, mit der noch niemand gerechnet hat. Denkbar sind auch weitere Fortschritte im Bereich der Gedankensteuerung.

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