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Metaverse-Bashing ohne Ende – was ist dran?

Foto: Envato / jacoblund

Metaverse-Bashing ohne Ende – was ist dran?

Der Spott war groß, als Mark Zuckerberg im August 2022 sein Metaverse-Projekt mit einem Screenshot bewarb. Was es auf Zuckerbergs virtuellem Selfie zu sehen gab, erinnerte an die Grafik von simplen Gelegenheitsspielen im Stil von Nintendos Wii Sports. Dennoch hatte die Entwicklung inzwischen 15 Milliarden US-Dollar verschlungen. Seitdem reißt die Kritik nicht ab. Zu Recht?
Metaverse-Bashing ohne Ende – was ist dran: der Facebook-Post von Mark Zuckerberg im August 2022
Der von Mark Zuckerberg gepostete Screenshot zog viel Spott und Häme nach sich.

Quelle: facebook.com/zuck

Inzwischen scheint die schlechte Presse um das in Entwicklung befindliche „Meta Horizon Worlds“ sogar auf das Metaverse-Konzept als Solches negativ abzufärben. Wenn Facebook es schon nicht schafft, könne die ganze Metaverse-Idee doch auch nichts taugen. Meinungsartikel und YouTube-Videos, die diesen Standpunkt direkt oder indirekt vertreten, gibt es inzwischen zuhauf.

Doch ist das tatsächlich gerechtfertigt? Und wie kann es sein, dass bei einem internationalen Technik-Vorreiter gerade ein derart enttäuschendes Produkt entsteht?

Die Auslegung von „Meta Horizon Worlds“ auf Virtual Reality sorgt dafür, dass die Optik zwangsläufig leidet

Facebook-Nachfolger Meta Platforms Inc. war beim Konzipieren von „Meta Horizon Worlds“ konsequent. Zuckerberg und Co. beschlossen, ihr Metaverse primär auf die firmeneigene Serie von Virtual-Reality-Headsets abzustimmen. Diese kompakten Headsets können es in puncto Rechenleistung jedoch nicht mit High-End-PCs und Spielekonsolen aufnehmen, da die gesamte Hardware im Headset selbst Platz finden muss.

Die 3D-Welten von „Meta Horizon Worlds“ orientieren sich an der geringen Rechenleistung kompakter Virtual-Reality-Headsets

Um ein überzeugendes 3D-Erlebnis mithilfe einer Virtual-Reality-Brille zu liefern, muss die Hardware jedoch einige aufwendige Aufgaben bewältigen, noch bevor sie sich um die grafische Gestaltung der 3D-Welten kümmern kann.

  • Für das beste Virtual-Reality-Erlebnis müssen die 3D-Welten permanent mit mindestens 90 Bildern pro Sekunde laufen, was viel Rechenleistung benötigt. Gängige Computer- und Videospiele kommen mit einer weniger rechenintensiven Bildrate aus, gängig sind 60 oder sogar nur 30 Bilder pro Sekunde.
  • Die 3D-Welt muss immer zweimal berechnet werden – für jedes Auge separat. Dazu muss sie so verzerrt werden, dass die Grafik für den User durch die VR-Brille perspektivisch korrekt wirkt.
  • Die 3D-Welt wird in der VR-Brillen-Serie von Meta für jedes Auge mit einer Auflösung von mindestens 1920 x 1832 Pixel dargestellt. Das ist notwendig, damit sich beim User ein überzeugender 3D-Effekt einstellt. Dies ist eine höhere Auflösung als Full HD und somit rechenintensiver.
  • Die VR-Brille muss zudem die Bewegungen des Nutzers registrieren und verarbeiten – inklusive Handbewegungen und Gesichtsausdruck.
  • Avatare und Umgebungen wirken für den User lebensgroß. Sie sind somit grundsätzlich aufwendiger zu modellieren. Bei 3D-Welten, die auf einem Bildschirm dargestellt werden, sind einige Vereinfachungstechniken üblich, um Rechenzeit zu sparen. Diese würden dem User in einer VR-Welt sofort auffallen.
  • Da das Facebook-Metaverse auf Kommunikation mit anderen Usern ausgelegt ist, muss die VR-Brille eine große Anzahl anderer Avatare in großen Räumen darstellen können, ohne dass die Bildrate schwankt. Dies unterscheidet „Meta Horizon Worlds“ zudem von anderen populären VR-Apps wie etwa „Half Life: Alyx“ oder „The Invisible Hours“. Diese orientieren sich an gängigen Einzelspieler-Games und kommen mit kleineren Spielwelten und weniger Charakteren auf einmal aus.

Mit aufwendigerer Optik könnte „Meta Horizon Worlds“ nicht flüssig laufen

Um dafür zu sorgen, dass die 3D-Welt trotz aller dieser rechenintensiven Prozesse flüssig dargestellt wird, müssen die Designer der 3D-Welt einen reduzierten Detailgrad in Kauf nehmen. Denn sinkt die Bildrate unter 90 Bilder pro Sekunde, ist das Risiko hoch, dass sich beim Nutzer einer Virtual-Reality-Brille Übelkeit einstellt.

 

Übelkeit (Seekrankheit) bei VR-Brillen

Beim Gebrauch einer VR-Brille täuschen die Augen dem Gehirn vor, dass der Körper sich bewegt. In Wirklichkeit bleiben unser Körper und unser Gleichgewichtsapparat im Innenohr jedoch still. Dieser Widerspruch zwischen beiden Reizen kann zu Desorientierung und Seekrankheit (der gebräuchliche englische Begriff ist motion sickness) führen.

Eine besonders flüssige Darstellung der 3D-Welt bei mindestens 90 Bildern pro Sekunde kann dieses Risiko minimieren. Fällt die Bildrate oder schwankt sie, ist die Gefahr von Seekrankheit besonders hoch.

Virtual Reality ist noch nicht screenshot-tauglich

Wie bildet Werbung die Vorzüge eines 3D-Kinofilms auf einem handelsüblichen Smartphone oder Computerbildschirm ab? Die Antwort lautet: Gar nicht. Laut Marketing-Experten gehört dieses Dilemma zu den wichtigsten Gründen, weshalb 3D-Bildschirme und 3D-Kino bis heute kaum verbreitet sind.

Virtual Reality hat gegenwärtig noch mit einem ähnlichen Problem zu kämpfen. Denn was VR einzigartig macht, ist nicht die Grafikqualität. Vielmehr ist es das Gefühl, sich tatsächlich in einem virtuellen Raum zu bewegen. Und diese Erfahrung lässt sich unmöglich durch eine starre Momentaufnahme abbilden. Bis auf soziale Interaktion ausgelegte VR-Apps auch auf Screenshots so beeindrucken können wie moderne Spielegrafik, werden laut Experten noch einige Jahre ins Land gehen.

Zuckerberg-Bashing als Garant für schnelle Klicks

Viel von der Kritik, die Meta – ehemals Facebook – in den letzten Jahren auf sich gezogen hat, ist definitiv gerechtfertigt. Dennoch verdient der Mut, zwei in den Kinderschuhen steckende Technologien miteinander zu kombinieren, im Grunde Anerkennung. Dennoch scheint das unreflektierte Meta-Bashing unter Journalisten und Influencern weiterhin nicht abzureißen. Mark Zuckerberg zu kritisieren, ist wohl weiterhin eine Strategie für Online-Zuspruch, die praktisch immer funktioniert.

Facebooks Metaverse-Vision ist nicht das Maß der Dinge

Wenn Zuckerbergs Metaverse-Flop eines beweist, ist es Folgendes: Jede Firma, die momentan an einem Metaverse-Konzept arbeitet, leistet Pionierarbeit. Und wer sich mit vollends neuen Technologien befasst, muss auch als Milliarden-Dollar-Imperium damit rechnen, sich zu verkalkulieren und Milliarden in den Sand zu setzen.

Dazu bleibt die Entwicklung des Mediums weiterhin hochspannend. Denn in einem solchen Neuland könnte jederzeit ein ganz neuer, vormals unbekannter Player um die Ecke kommen und für herunterklappende Kinnladen sorgen.

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