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Rote Boxhandschuhe auf gelben Grund halten eine ausgeschnittenes Herz, das für Selbstliebe und Selfcare steht, und weiße Tabletten, die den neurobiologischen Aspekt der Hormone und Neurotransmitter symbolisieren.

Foto: Envato / SergioPhotone

Selfcare: Was Selbstliebe ist und wie Hormone dabei helfen

Selfcare und Selbstliebe: Eigenes Wohlergehen steht im Fokus. Hormone und Neurotransmitter steuern Glücksgefühle und lassen sich aktivieren.

Inhalt

Weshalb Selbstfürsorge so wichtig ist, lässt sich simpel mit einer bekannten Empfehlung erklären: Bei Turbulenzen im Flugzeug sollen wir uns selbst zuerst die Sauerstoffmasken aufsetzen. Denn erst, wenn man selbst versorgt ist, kann man anderen helfen. Mit Selfcare ist es ähnlich. Opfern wir uns für Arbeit, Familie oder Vereine auf, profitieren andere eine gewisse Zeit von unserem Einsatz. Sind unsere Energiereserven erschöpft, geht im schlimmsten Fall gar nichts mehr: Burn-out und Depressionen sind mentale Erkrankungen, die durch Überbelastung begünstigt werden. Körperliche Erkrankungen bis hin zum Herzinfarkt werden wahrscheinlicher.

Laden wir unsere Akkus regelmäßig auf, haben wir langfristig mehr Kapazitäten für familiäre, berufliche und andere Interessen.

Selbstliebe: gesunder Egoismus

Das „Nein“ fällt vielen schwer. Wir möchten kein falsches, unsympathisches oder schwaches Bild von uns vermitteln. Also nutzen wir das letzte bisschen Kraft, um die Frage „Könntest du dich bitte noch darum kümmern?“ mit einem Ja beantworten zu können. Das gesunde Haushalten mit den eigenen Kapazitäten ist aber wichtig, um gesund zu bleiben.

Egoismus ist ein Begriff, der in unserer Gesellschaft negativ gebraucht wird. Egoistische Personen gelten als selbstsüchtig und wenig bis gar nicht empathisch. Solche Eigenschaften möchten sich die wenigsten nachsagen lassen. Dennoch gilt: Ein gesunder Egoismus ist angebracht. Sei es in Form eines Neins oder indem man sich etwas Zeit für sich und die eigenen Bedürfnisse gönnt.

Selbstliebe wissenschaftlich: Hormone und Neurotransmitter

Ohne romantische oder spirituelle Aspekte bleiben neurobiologische Prozesse, die nahezu alles in uns bestimmen. Hormone und Neurotransmitter regeln, wann wir Hunger oder Kälte empfinden, ob wir jemanden mögen, lieben oder ablehnen. Die Botenstoffe werden dazu in variierenden Mengen ausgeschüttet, aktivieren Kettenreaktionen und Abläufe in uns. Hormone gelangen über die Blutbahn in den Körper, Neurotransmitter nutzen die Nervenbahnen. Einige Funktionen wie der Menstruationszyklus oder der Glukosestoffwechsel laufen automatisiert. Andere Effekte wie das Runner‘s High, Entspannung oder Stress können von außen gesteuert werden.

Erhält der Körper die Signale für eine Gefahrensituation, schüttet er die entsprechenden Botenstoffe aus. Adrenalin versetzt uns in Bereitschaft für Flucht oder Angriff. Blutdruck sowie Herz- und Atemfrequenz steigen. Bestimmte Muskelgruppen spannen an. Die Adern weiten sich, damit das Blut schneller fließt. Mehr rote Blutkörperchen transportieren mehr Sauerstoff in die Muskeln. Gleichzeitig fahren Immunabwehr, Sexualtrieb und Verdauung runter, um Energie zu sparen. In bestimmten Situationen kann ein sogenannter Adrenalin-Kick beflügelnd wirken: Nach einem Bungee-Sprung oder einer Fahrt mit der Achterbahn fühlen wir uns für einen Moment überdreht und unbesiegbar. Ist die Situation vorbei, baut sich Adrenalin rasch wieder ab. Es wird aber auch in alltäglichen Stressmomenten ausgeschüttet und kann bei andauernder Stimulation die Gesundheit schädigen.

Allein der Gedanke an eine schlimme Situation reicht aus, um die Prozesse zu aktivieren. Schlechte Nachrichten, ein belastendes Arbeitsklima oder Streitereien im Privaten versetzen uns außerdem in Stress und lösen diese Reaktionen aus. Je mehr Raum diese Auslöser in unserem Alltag bekommen, desto heftiger können die Folgen für uns sein: Mentale Erkrankungen wir Burn-out oder Depression, Angststörungen oder Neurosen werden ebenso begünstigt wie physische Beschwerden. Herzkreislauf-Erkrankungen sind durch die Überbelastung wahrscheinlicher, die Anfälligkeit für Viren und Magen-Darm-Erkrankungen steigt.

Umgekehrt unterstützt eine unverträgliche Ernährung die Hormonausschüttung von Kortisol. Biochemiker und Mikrobiologe Dr. Camille Lieners erklärt im Welt-der-Wunder-Format „Wissen 4.1“ wie der Darm die mentale und körperliche Gesundheit beeinflusst.

https://www.youtube.com/watch?v=MaR490Fraa8

Stressausgleich: Glück für die Gesundheit durch Hormone

Ebenso wie Stress können äußere Reize auch positive Gefühle hervorrufen. Sogenannte Glückshormone heben die Laune an, wenn sie ausreichend ausgeschüttet werden. Eine Gruppe aus Neurotransmittern und Hormonen haben sich in der Populärwissenschaft einen Namen als Glückshormone gemacht. Dazu zählen Dopamin, Serotonin, Endorphine, Oxytocin und Phenethylamin (PEA).

Dopamin ist mit dem inneren Belohnungssystem verknüpft. Es steigert die Motivation und Leistungsfähigkeit. Forscher des Max-Planck-Instituts haben 2019 in einer Studie außerdem herausgefunden, dass Dopamin mit der Nahrungsaufnahme zusammenhängen kann. Wird eine bestimmte Nahrung als Belohnung empfunden, regt sie die Ausschüttung des Hormons an. Das erste Mal, wenn die Leckerei im Mund schmeckt und das zweite Mal, wenn sie im Magen ankommt.

Serotonin ist einer der bekanntesten Stoffe für positive Gefühle. Es beeinflusst mit anderen Hormonen und Transmittern zahlreiche Prozesse im Körper: Unter anderem das Schmerzempfinden, das Sexualverhalten und den Schlaf-Wach-Rhythmus. Wird es vermehrt ausgeschüttet, steigert es das allgemeine Wohlbefinden und die Motivation. Herrscht ein Mangel, trübt es die Stimmung bis hin zur Depression. Ist das Defizit zu groß, gleichen Medikamente den Mangel aus.

Endorphin entstehen im endogenen Opioid-System (EOS). Dieser Bereich ist unter anderem für die Regulierung von Schmerz sowie für vegetative Funktionen zuständig. Ihr Name setzt sich aus Worteilen von „endogen“ (körpereigen) und dem Opiat Morphin zusammen. Endorphine wirken schmerzstillend und berauschend. Beim Sport sorgen sie für Hochgefühle, bei schweren Verletzungen lindern sie die Schmerzwahrnehmung. Sie beeinflussen außerdem die Produktion von Sexualhormonen.

Oxytocin wird häufig als Kuschelhormon bezeichnet. Sobald es um zwischenmenschliche Interaktion und den Aufbau von Bindungen geht, wird es ausgeschüttet. Körperliche Nähe sowie soziale Kontakte steigern den Oxytocinspiegel. Das unterbindet wiederum Stressgefühle und Angst -stattdessen breitet sich ein Wohlgefühl aus und wir entwickeln eine Resistenz bei Stress.

Phenethylamin (PEA) sorgt unter anderem für Schmetterlinge im Bauch – sei es durchs Verliebtsein oder aus Vorfreude. Es reguliert passend dazu außerdem das Lustempfinden. Nach positiver körperlicher Anstrengung schüttet der Körper es ebenfalls aus. PEA ist daher mit verantwortlich für berauschende Hochgefühle nach dem Sport.

Selbstliebe praktizieren und Glückshormone aktivieren

Glück ist also mehr als eine Frage der Einstellung: es lässt sich mehr oder weniger in unserem Körper messen. Ihre Produktion kann durch äußere Reize, Verhaltensweisen oder Routinen aktiviert werden. Sport und Bewegung, bewusste Erholung und Auszeiten, gutes Essen sowie Zeit mit Freunden und Familie fördern die Ausschüttung. Wichtig ist, dass diese Situationen und Momente bewusst zu genießen. Ein Schaumbad, bei dem die Gedanken noch am Schreibtisch sitzen und die To Dos für den nächsten Tag durchgehen, bringt keine Entspannung. Ebenso wenig ein Ausflug in die Natur mit schlechtem Gewissen im Gepäck, weil der Haushalt noch nicht erledigt ist.

Es bedarf für manche ein wenig Übung, sich selbst und das eigene Wohl an erste Stelle zu setzen. Selbstliebe beginnt bei Kleinigkeiten im Alltag und kann sich steigern. Meditation, Achtsamkeitsübungen und Yoga können dabei helfen. Andere profitieren möglicherweise eher von Gesprächen, Coachings oder einer Therapie, um sich selbst mehr in den Mittelpunkt des Handelns zu stellen.

Hormone und Selfcare auf einen Blick

  • Wer sich selbst nicht immer hinten anstellt, fühlt sich ausgeglichener und kann berufliche und privat mehr leisten.
  • Selbstliebe ist nicht nur eine mentale Praxis. Sie lässt sich auch biochemisch erklären.
  • Eine Gruppe bestimmter Hormone und Neurotransmitter werden durch positive Situationen ausgeschüttet.
  • Sogenannte Glückshormone fördern neben der mentalen auch die physische Gesundheit.
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