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Menstruation: Periodenarmut mit nachhaltigen Binden bekämpfen

Foto: Envato / SkloStudio

Menstruation: Periodenarmut mit nachhaltigen Binden bekämpfen

Monatsblutung bedeutet Ausgrenzung. Ziyaan Vijii entwickelte deshalb eine nachhaltige Binde und klärt über den Menstruationszyklus auf.
  • Obwohl die Regelblutung Teil des natürlichen Lebenskreislaufs ist, gilt sie in vielen Teilen der Erde als großes Tabu.
  • Hygieneartikel sind sehr teuer, mancherorts nur schwer oder gar nicht erhältlich.
  • Menstruierende Menschen können deshalb nicht in die Schule, zur Arbeit oder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
  • Um die Ausgrenzung zu stoppen, entwickelte der damals 17-jährige Ziyaan Virjii eine nachhaltige Binde.

Ein Menstruationszyklus dauert durchschnittlich zwischen 28 und 35 Tagen. Währenddessen steigt und sinkt der Spiegel mehrerer Hormone, um komplexe Prozesse zu steuern. Sie bereiten den Uterus auf eine mögliche Befruchtung vor und machen alles wieder rückgängig, falls keine stattfindet. Dann setzt die Regelblutung ein und ein neuer Zyklus beginnt.

Dieser natürliche Kreislauf in biologisch weiblichen Körpern ist Voraussetzung für die menschliche Reproduktion. Dennoch ist die Menstruation in vielen Ländern und Kulturen ein schambehaftetes Tabu. In einigen Teilen der Erde werden Menstruierende stigmatisiert und ausgegrenzt. Sie haben keinen Zugang zu Hygieneartikeln, können nicht in die Schule oder zur Arbeit. Die Regelblutung gilt als unrein und ekelhaft – ebenso die Person, aus der sie kommt.

Periode in Indien: Not macht erfinderisch

Als Ziyaan Virji aus Tansania 2017 mit diesem Zustand konfrontiert wurde, entschied er sich, dagegen vorzugehen. Im Alter von 17 Jahren sah er die Al-Jazeera-Dokumentation „India’s Menstruation Man“. Sie handelt von einem Mann, der über mehrere Jahre eine Einwegmenstruationsbinde entwickelte, um seiner Frau die Periodentage zu erleichtern. Der Beitrag zeigt auch, wie das Vorhaben in seinem Umfeld ankam: Er wurde als pervers bezeichnet, seine Ehefrau verließ ihn und er fand keine Probandinnen, die sein Produkt testen wollten. Der offene Umgang mit der Monatsblutung ist befremdlich. 

Der Teenager sprach daraufhin mit seiner Mutter über die Periode. Er erfuhr, dass sie selbst als junge Frau keinen Zugang zu Hygieneartikeln hatte. In ihrem Heimatort war sie eine von vielen mit diesem Problem. Ein Begriff dafür ist Periodenarmut. Produkte für die Tage während der Regelblutung sind in manchen, teils abgelegenen Regionen der Erde kaum erhältlich. Wo sie angeboten werden, sind sie sehr teuer. In Deutschland galt auf Tampons bis 1.1.2020 der Steuersatz von 19 Prozent, statt der sieben Prozent für sogenannte Güter des täglichen Bedarfs. In anderen Ländern sind sie als importierte Markenware für die durchschnittliche Bevölkerung unbezahlbar. Ein weiterer Aspekt ist die Scham, die mit dem Kauf solcher Produkte einhergehen würde. Lumpen, Laub und Sand werden angewendet, damit die Monatsblutung möglichst unentdeckt bleibt. 

Menstruation darf kein Nachteil sein

Dass dieser Zustand für rund 500 Millionen Menschen auf der Welt besteht, wollte Ziyaan Virji nicht hinnehmen. Er gründetet die Initiative „Accessible and Affordable Sanitation for Women (AASW)“, aus der später „For the Menstruator“ entstand. Ziyaan lernte nähen und entwickelte ein wiederverwendbares und erschwingliches Hygieneprodukt, das Menstruationsblut auffängt: Eine Stofftasche mit seitlichen Flügeln, die an Einwegbinden aus dem Drogeriemarkt erinnert. Eine Lasche in der Mitte bietet Platz für Einlagen aus saugfähigem Material, die gewechselt und gewaschen werden können. Binden und Einlagen sind Teil eines Pakets, das außerdem Unterwäsche, Seife und ein Handtuch sowie einen dezenten, wasserdichten Beutel beinhaltet. Eine Nähanleitung für die Binden und Einlagen liegt außerdem bei, sodass diese bei Bedarf selbst hergestellt werden können. Ein Set kostet zwischen zwei und acht US-Dollar und kann etwa drei Jahre verwendet werden.

Mehr als 8500 Pakete wurden bereits in sieben Ländern verteilt. Acht Teams unterstützen die Initiative in Kenia, Tansania, Pakistan, Indien, Nigeria, den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Großbritannien. Sie leisten Aufklärungsarbeit, zeigen den Umgang mit den Produkten und vermitteln, dass die Periode nichts Schlimmes ist.

„Wir träumen von einer Welt, in der wir einen gerechten Umgang mit der Menstruation erreicht haben und Periodenarmut sowie die Stigmatisierung der Vergangenheit angehören“, heißt es zu der Vision von For the Menstruator.

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