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Die Pille gegen Schuldgefühle?

Foto: Envato / seventyfourimages

Placebos helfen gegen Schuldgefühle

Schuldgefühle können sehr belastend sein. In der Regel sind sie jedoch ein vorübergehendes Phänomen. Schwieriger wird es, wenn sie als Symptom einer Depression auftreten. Die Erkenntnisse aus einer Studie der Universität Basel könnten es in Zukunft ermöglichen, depressive Schuldgefühle gezielt zu behandeln.

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Placebos helfen gegen Schuldgefühle

Schuldgefühle treten üblicherweise auf, wenn wir unser Verhalten für falsch halten und uns als schlechte Menschen wahrnehmen. Bei depressiven Schuldgefühlen ist die Situation komplexer. Sie treten oft ohne rationalen Grund auf und sind häufig Ausdruck eines mangelnden Selbstwertgefühls oder von Schamgefühlen.

Placebos sind bereits als effektives Mittel zur Behandlung depressiver Patienten anerkannt

Es ist inzwischen bekannt, dass Placebos bei der Behandlung von Depressionen wirksam sein können. Sie sind jedoch nicht bei allen psychischen Erkrankungen gleich effektiv. Etwa bei Angststörungen gelten sie im Allgemeinen als weniger wirksam. In einer aktuellen Studie haben Forschende der Fakultät für Psychologie der Universität Basel bei über 100 Teilnehmenden untersucht, ob Placebos bei Schuldgefühlen wirken.

Info: Placebo

Der Begriff „Placebo“ leitet sich vom lateinischen Wort „placere“ ab. Es bedeutet „ich werde gefallen“. Ein Placebo ist ein Scheinmedikament ohne wirksame Inhaltsstoffe. Es ist äußerlich nicht von einem echten Medikament zu unterscheiden. Das Placebo selbst kann also keine Wirkung auslösen – nur das Wissen des Patienten, dass er es eingenommen hat.

Als Probanden wählten die Forscher ausnahmslos Personen ohne psychische Störungen. Diese Entscheidung wurde getroffen, um Schuldgefühle isoliert von anderen depressiven Symptomen untersuchen zu können.

Die Teilnehmer wurden gebeten, ein Ereignis aufzuschreiben, bei dem sie sich ihrer Meinung nach falsch verhalten hatten und sich für ihr Verhalten schuldig fühlten. Anschließend sollten sie die Stärke ihrer Schuldgefühle einschätzen. Darauf wurden die Probanden in drei Gruppen eingeteilt.

  • Die erste Gruppe erhielt unwissentlich ein Placebo. Ihr wurde gesagt, es handele sich um ein pflanzliches Arzneimittel.
  • Die zweite Gruppe erhielt das Placebo wissentlich. Sie wurde allerdings informiert, dass diese Behandlung gegen Schuldgefühle helfen könne.
  • Die dritte Gruppe erhielt kein Medikament.

Gegen Ende der Studie sollten alle Teilnehmer erneut angeben, wie stark sie ihre Schuldgefühle einschätzten.

Auch offen verabreichte Placebos können bei psychologischen Leiden wirksam sein

Es zeigte sich, dass das Ausmaß der Schuldgefühle sowohl in Gruppe 1 als auch in Gruppe 2 deutlich abgenommen hatte. Die Studie bestätigt damit, dass Placebos auch dann wirken können, wenn sie offen verabreicht werden.

Dilan Sezer, die Erstautorin der Studie, und ihre Kollegen werten das Ergebnis der Studie auch als Beleg dafür, dass eine genaue Aufklärung über die Behandlung entscheidend für deren Wirksamkeit ist. Die Frage, ob Placebos auch Schuldgefühle bei Depressiven lindern können und wie nachhaltig sie wirken, bleibt jedoch offen. Sie muss in Zukunft gesondert erforscht werden.

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