Welt der Wunder

Nicht glauben, sondern wissen

Auch nach der Pandemie soll Onlinedating keine Seltenheit bleiben.

Foto: Envato / insta_photos

Liebe 2.0: das Dating der Zukunft

Selbst nach Lockdowns und Social Distancing erwarten Expert:innen einen technologischen Wandel beim Dating.

Inhalt

Dates im virtuellen Raum

Bereits jetzt sind Liebesbeziehungen keine geografischen Grenzen gesetzt. Durch Videotelefonie-Anbieter wie Zoom, Microsoft Teams, Google Meet oder Skype ist Onlinedating längst normal geworden. Nun ermöglicht Virtual Reality (VR) immersive, zwischenmenschliche Erlebnisse.

Was das bedeutet? Mit einem VR-Headset können sich Personen in eine virtuelle Welt katapultieren. Die Welt richtet sich nach dem Blickwinkel des Betrachters aus und vermittelt so den Eindruck, sich im virtuellen Raum zu befinden. Statt eines Online-Meetings können Dates auch unter einem virtuellen Wasserfall, im virtuellen Weltraum, auf der virtuellen Skipiste oder im virtuellen Paris am Eiffelturm stattfinden.

Single Town als VR-Dating Treffpunkt

Anbieter wie Planet Theta bieten Nutzern und Nutzerinnen VR-Treffen in ihren Metaversen an. Auch die Match Group, das Unternehmen hinter den Dating-Apps Tinder und Hinge, investiert in ein Virtual-Reality-Metaversum. Dieses soll ohne Ironie „Single Town“ heißen. Als Avatare sollen sich Nutzerinnen und Nutzer in diesem Metaversum treffen und austauschen. Ist das erste Interesse geweckt, können sich Dates in einen privaten VR-Raum zurückziehen.

VR-Dating kommt unter dem allgemeinen Trend, bei dem immer mehr Menschen ihre Beziehungen online starten. Sowohl Tinder als auch andere Dating-Plattformen wie OkCupid verzeichnen seit Beginn der Pandemie mehr Aktivität. Das Unternehmen hinter der Dating-App Bumble meldete, dass Videoanrufe während des ersten Lockdowns auf der Plattform um 70 Prozent angestiegen waren. 

Berührung aus der Ferne durch Haptic Suits

Aus virtuellen Dates können auch virtuelle Beziehungen entstehen. In Zukunft soll es möglich sein, die Wärme des anderen zu spüren, sich zu berühren, zu riechen, zu hören und zu sehen – ohne dabei im selben Raum zu sein. An der Berührung aus der Ferne arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beispielsweise mit sogenannten Haptic Suits, also an Anzügen, bei denen Körpereindrücke simuliert werden.

So ein Anzug – meist in schwerem, schwarzem Plastik – ähnelt einem Superheldenkostüm. Dieses transportiert sensorische Eindrücke durch elektrische Impulse oder Vibration von einem Körper zum anderen. Wer sich in einer Virtual Reality trifft und umarmt, könnte den Druck und die Körpertemperatur des anderen fühlen. Die haptischen Sensationen umspannen Wärme, Nässe, Körpernähe, Wind und Druck. VR-Handschuhe und Schuhe existieren bereits am Markt und funktionieren ähnlich.

Teure Liebe im Haptic Suit

Derzeit sind Haptic Suits vor allem in der Gamingwelt, im Militär- und Gesundheitswesen von Nutzen. Doch mit der Entwicklung von Dating-Metaversen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich Pärchen durch neue Technologien über Distanzen hinwegsetzen. Mit Preisen von umgerechnet 800 bis 18.000 Euro sind diese allerdings eher ein Luxus für Pärchen mit dem nötigen Kleingeld.

 

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Beeinflusst die Penis-Form die Persönlichkeit?

Genetische Sequenzierung in der Partnersuche

Einige Gene sollen bei der Entscheidung für den Partner essenziell sein. Genauer gesagt sollen bestimmte genetische Informationen laut einiger, weniger Studien bei der Attraktion zwischen zwei Menschen mitwirken. 

Ausschlaggebend seien die Gene des Haupthistokompatibilitätskomplexes (MHC), der Teil des Immunsystems ist. Denn diese beeinflussen den Körpergeruch eines Menschen, welcher die Anziehungskraft einer Person entscheiden soll. Bei einer Untersuchung aus dem Jahr 1994 sollten Studentinnen von Männern getragene T-Shirts nach ihrem Geruch bewerten. Sie schätzten die T-Shirts der Männer positiver ein, deren MHC-Gene sich von den eigenen unterschieden. Gerüche, die Frauen nicht positiv wahrnahmen, kamen von Männern, deren MHC-Gene den eigenen zu stark ähnelten. Studien mit Mäusen und Fischen zeigten vergleichbare Ergebnisse.

DNA-Dating durch Speichelprobe

Die Hypothese ist, dass wir Menschen mit ungleichen MHC-Genen bevorzugen, da diese essenziell für die Immunabwehr sind. Gerade im Immunsystem sei eine möglichst große genetische Diversität vorteilhaft für mögliche Nachkommen.

Obwohl eine fundierte, wissenschaftliche Basis durch einzelne Studien nicht gegeben ist, sind bereits viele Unternehmen auf den Zug des DNA-Datings aufgesprungen. Start-ups wie DNA-Romance bieten bereits Services an, bei denen Liebessuchende eine Speichelprobe einsenden müssen. Anhand dessen werden diese mit angeblich genetisch kompatiblen Personen verknüpft.  

Da Gentests immer günstiger werden, wird auch die genetische Selektion der Partnerin oder des Partners niederschwelliger. Das Geschäftsmodell ist, aus den genetischen Informationen zweier Menschen über deren potenzielle Anziehung urteilen zu können. Allerdings ist es nicht vorhersehbar, ob eine Beziehung hält und zwei Persönlichkeiten zusammenpassen.

Unklare Datenlage

Gleichzeitig sind vermeintliche Geruchsvorlieben vom aktuellen Hormonhaushalt abhängig. So können Frauen, die die Antibabypille nehmen, Gerüche von Personen mit stark abweichender Genetik abstoßend finden. Gleichzeitig gibt es kaum Studien, die ähnliche Vorgänge bei LGBTQ+ Paaren nachweisen.

Die wissenschaftliche Grundlage von genetisch motivierter Partnerwahl ist also noch sehr dünn. Doch gerade deswegen befürworten manche Forschende Anbieter wie DNA-Romance. Denn gelangen diese in den Mainstream, wächst die Datengrundlage, anhand welcher sie weitere Erkenntnisse über unsere Partnerwahl gewinnen können.

Rendezvous mit Roboter

Eine EU-Studie aus dem Jahr 2019 befragte Personen aus Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Brasilien, Südafrika, den USA und Südkorea zu ihrer Meinung über Beziehungen mit Robotern. Immerhin zwölf Prozent der Befragten fanden romantische Beziehungen zwischen Menschen und Robotern akzeptabel.

Damit ein Roboter möglichst menschlich wirkt, benötigt dieser eine künstliche Intelligenz (KI). Diese ist das grundlegende System, das über Aussagen, Bewegungen und Reaktionen entscheidet. Die Personen hinter der Studie behaupten auch, dass Beziehungen von Menschen mit künstlichen Intelligenzen in Robotern, Chatrooms, Videospielen oder Hologrammen immer normaler werden.  

Hologramm-Hochzeit

Um die Zukunft des Datings mit künstlichen Intelligenzen zu verstehen, hilft ein Blick nach Japan. Kaum eine Gesellschaft ist im Umgang mit Robotern und künstlichen Intelligenzen erfahrener. Durch die alternde Bevölkerung und den Mangel an Arbeitskräften, sind bereits jetzt Roboter in der Industrie, der Landwirtschaft, im Einzelhandel sowie in der Kinder- und Altenpflege tätig. Allerdings gibt es auch Personen, die romantische Beziehungen mit künstlichen Intelligenzen eingehen.

Doch wer jetzt hoch entwickelte, intelligente Wesen, wie aus den Filmen „Her“ oder „Ex-Machina“ erwartet, irrt. Es handelt sich hier um viel rudimentäre, künstliche Intelligenzen, die nur sehr simple Unterhaltungen führen können.

Das hielt einen Mann namens Akihiko Kondo allerdings nicht ab, das Hologramm der Cyberberühmtheit, Hatsune Miku, zu heiraten. Das Hologramm existiert in einer Art Glas und kann simple Sätze formulieren. Es besitzt jedoch kein Bewusstsein, keine eigene Meinung und keine Bedürfnisse.

Auf das Bündnis reagierten viele skeptisch und sahen in der Beziehung zwischen Mensch und KI die Ursache für sinkende Geburtenraten. Die Zeremonie zwischen dem damals 35-Jährigen und dem Anime-Hologramm einer 16-Jährigen fand 2018 vor versammelten Gästen statt, wurde vom japanischen Staat aber nicht anerkannt.  

Die Roboterdame und ihr Schöpfer

Kondo ist nicht der Einzige, der eine künstliche Intelligenz als engste Vertraute sieht. In China, wo die Zahl der Männer die der Frauen um fast 35 Millionen übertrifft, ist die Partnersuche für heterosexuelle Männer besonders herausfordernd.

Bereits in den Metamorphosen beschreibt Ovid den Mythos von Pygmalion. Der Bildhauer hatte sich von Frauen aus Fleisch und Blut abgewandt. Daher erschuf sich Pygmalion eine perfekte Frau aus Stein, die durch göttliche Hilfe zum Leben erwachte. Eine ähnliche Beziehung schaffte es 2017 in die Schlagzeilen.

Anstatt einer Statue erschuf der chinesische Ingenieur, Zheng Jiajia, seine Frau in der Form eines Roboters. Der Grund für sein Handeln: Er wollte sich das ständige Nachfragen seiner Familie nach einer Partnerin nicht mehr anhören. 2017 heiratete er Yingying, seine Roboterfrau. Eine KI ermöglicht Yingying nur einige chinesische Zeichen zu lesen und wenige, einfache Wörter auszusprechen. Doch Zheng versprach, sie zu optimieren, damit Yingying selbständig gehen und im Haushalt mithelfen könnte.  

Roboter als Teil des Alltags

Akihiko Kondo und Zheng Jiajia sind extreme Beispiele, doch die Integration von Androiden in den Alltag ist in Ostasien bereits zur Realität geworden. Der japanische Star-Robotiker, Hiroshi Ishiguro, arbeitet seit Jahren an Androiden, die komplexere Emotionen verarbeiten und sogar Wut oder gute Laune zeigen können.

Studien lassen vermuten, dass mit der Entwicklung von komplexeren KIs auch romantische Beziehungen zu diesen häufiger werden. Da Einsamkeit in vielen Gesellschaften ein wachsendes Problem ist, könnten sich mehr Menschen an neue Technologien wenden, um alternative Beziehungen einzugehen.  

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