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Darum werden Strom und Benzin immer teurer

Foto: Envato / Rawpixel

Darum werden Strom und Benzin immer teurer

Die Energiepreise stehen bereits seit Monaten auf Rekordhöhe und aufgrund des Kriegs Russlands gegen die Ukraine werden Strom und Benzin in Zukunft weiter teurer werden. Wie konnte es dazu kommen und was sind sinnvolle Gegenmaßnahmen?

Inhalt

Das tut der Staat gegen die steigenden Energiepreise

Der Heizkostenzuschuss

Um Haushalte mit geringerem Einkommen zu entlasten, hat die Ampel-Koalition kurzfristig einen Heizkostenzuschuss beschlossen. Voraussichtlich ab dem 01. Juni 2022 erhalten folgende Personengruppen folgende Unterstützung:

  • Empfänger und Empfängerinnen von Wohngeld bekommen 135 Euro Heizkostenzuschuss. 175 Euro gibt es bei Zwei-Personen-Haushalten, für jede weitere Person im Haushalt gibt es 35 Euro.
  • Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld erhalten und nicht mehr bei ihren Eltern wohnen, bekommen 115 Euro Heizkostenzuschuss.
  • Studierende oder Schüler, die BAföG beziehen und nicht mehr bei den Eltern wohnen, bekommen ebenso 115 Euro Heizkostenzuschuss.
  • Menschen, die Unterhaltsbeiträge nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) erhalten, bekommen ebenso 115 Euro.

Mit BAföG oder AFBG Geförderte, die bisher noch kein Wohngeld bezogen haben, müssen den Heizkostenzuschuss beantragen. Das zuständige Amt für den Antrag wird bis dahin noch von den Bundesländern festgelegt werden. Die übrigen oben genannten Personen erhalten den Heizkostenzuschuss automatisch.

Viele Experten und Expertinnen sind jedoch überzeugt, dass diese Beträge angesichts der weiter steigenden Energiepreise nicht ausreichen werden. Verbraucherschützer fordern deswegen einen Heizkostenzuschuss von 500 Euro.

Das will der Staat in Zukunft tun

Energiegeld für alle

Grünen-Chefin Ricarda Lang schlug die Auszahlung eines Energiegelds an alle Bürger und Bürgerinnen vor, um die finanzielle Belastung durch die hohen Energiekosten abzumildern.

Reduzierung der Energie- und Stromsteuer

Der Präsident der Deutschen Industrie (BDI) schlug vor, durch geringere Energie- und Stromsteuern auch Industrieunternehmen zu schützen.

Abschaffung der EEG-Umlage

Die EEG-Umlage ist im Strompreis inbegriffen und sichert die Vergütung für Betreiber, die mit erneuerbaren Energien Strom produzieren. Sie ist gesetzlich festgelegt. Die Ampel-Koalition plant jetzt ihre Abschaffung für den 01. Januar 2023. Grünen-Chef Robert Habeck ließ verlauten, dass durch diesen Eingriff ein durchschnittlicher deutscher Haushalt über 300 Euro im Jahr sparen könne.

Förderung von Öl und Gas in der Nordsee

Der Koalitionsvertrag sieht zwar ein Verbot von Öl- und Gasbohrungen in der Nordsee vor. FDP-Chef Lindner schlug jedoch, dies zu überdenken, um die Abhängigkeit von russischen Öl- und Gaslieferungen zu verringern.

Beteiligung von Vermietern an den CO2-Kosten

In Zukunft sollen Vermieter ihren Anteil an der CO2-Abgabe durch Sanierungen ihrer Immobilien beeinflussen können. Je mehr ein Vermieter in Reparaturen und Sanierungen investiert, desto weniger CO2-Steuer zahlen sie.

Der Tankrabatt

Mit einem festen Rabatt pro Literpreis plant FDP-Chef Christian Lindner aktuell eine „Entlastung direkt an der Ladenkasse“. Der Plan ist, den Literpreis unter zwei Euro zu drücken. Eine solche Maßnahme sei laut Lindner „im Gegensatz zu Steuersenkungen schnell und flexibel“.

Das will der Staat nicht

Keine Senkung der Mehrwertsteuer auf Benzin, kein Tempolimit

Bundesfinanzminister Christian Lindner lehnte den Vorschlag ab, kurzfristig die Mehrwertsteuer für Benzin und Diesel von 19 auf sieben Prozent zu senken. Seine Begründung war, dass der Staat ohnehin kaum von der Mehrwertsteuer auf dem Spritpreis profitiere, da sich die Bürger als Ausgleich an anderer Stelle zurückhalten würden. Zudem ist Lindner gegen ein befristetes Tempolimit.

Die Ursachen für die hohen Energiepreise

Russland ist der wichtigste Öl- und Gasproduzent der Welt. Schon allein die Aussicht auf einen möglichen Lieferstopp als Reaktion auf die Sanktionen des Westens sorgt für steigende Preise auf dem Energiemarkt.

Hohe Stromkosten aufgrund der Corona-Krise

Bereits vor dem Krieg Russlands gegen die Ukraine waren die Stromkosten extrem hoch. Der Grund dafür war die Corona-Krise, in der sich immer wieder wirtschaftliche Stagnation und Wachstum abwechselten. Jedes Mal wenn die Wirtschaft im Lauf der vergangenen zwei Jahre wieder Fahrt aufnahm, stieg die Nachfrage nach Strom und somit der Preis.

Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft zahlten Unternehmen

  • im April 2019 18,43 Cent pro Kilowattstunde
  • im April 2020 17,76 Cent pro Kilowattstunde
  • im April 2021 21,38 Cent pro Kilowattstunde
  • im Januar 2022 26,64 Cent pro Kilowattstunde.

Haushalte zahlten dagegen:

  • im April 2019 30,46 Cent pro Kilowattstunde,
  • im April 2020 31,81 Cent pro Kilowattstunde
  • im April 2021 32,16 Cent pro Kilowattstunde
  • im Januar 2022 36,19 Cent pro Kilowattstunde.

Der Strompreis wird durch Handel an Energiebörsen bestimmt

Hinzu kommt, dass der Handel an Energiebörsen für den Gaspreis maßgeblich ist. An solchen Energiebörsen kaufen Energieversorger Strom ein. Ihr Ziel ist, den Energiebedarf ihrer Kunden für den Folgetag lückenlos zu decken. Zu den wichtigsten Energiebörsen gehören der Energy Exchange Austria (EXAA), der auch in Deutschland aktiv ist, sowie der Amsterdam Power Exchange (APX).

Der Preis des teuersten Brennstoffs ist maßgeblich für den Strompreis

Allerdings richten sich solche Börsen nach einem sogenannten Grenzkostenmodell. Das bedeutet, dass sich der Endstrompreis für den Folgetag am Preis für den teuersten Brennstoff orientiert, der zur Deckung der Nachfrage benötigt wird. Und da das momentan teure Erdgas weiterhin eine so wichtige Rolle bei der Energieversorgung spielt, führt dies zu entsprechend hohen Stromkosten.

Ist es dagegen möglich, die Nachfrage zu 100 % mit Windenergie, Solarenergie und Kernkraft zu bedienen – die allesamt mit sehr niedrigen Erzeugungskosten verbunden sind – können die Stromkosten an den Energiebörsen extrem niedrig ausfallen. Hierzu kam es tatsächlich im Frühjahr 2020, als eine niedrige Stromnachfrage auf eine hohe Produktion von erneuerbaren Energien traf.

Weitere Steuersenkungen und Subventionen könnten für billigeren Strom an den Strombörsen sorgen

Insgesamt setzt sich der Strompreis in Deutschland folgendermaßen zusammen:

  • zu 35 % aus dem Preis für die Stromproduktion
  • zu 24,4 % aus den Kosten für den Stromtransport über die Stromnetze
  • zu 41 % aus Steuern wie Mehrwertsteuer, Stromsteuer, die (noch berechnete) EEG-Umlage und sonstige Abgaben.

Der größte Bestandteil des Strompreises besteht somit aus Steuern. Somit könnte der Staat durch weitere Steuersenkungen den Strompreis zusätzlich drücken. Zudem wären aufgrund deren großer Wichtigkeit für den Energiemix in Deutschland weitere Subventionen für fossile Brennstoffe denkbar. Bis 2026 gibt es Steuerbegünstigungen für als Kraftstoff verwendetes Erdgas. Diese könnten auch auf Gas für die Stromerzeugung in Gaskraftwerken ausgeweitet werden.

Erdgas wurde im Verlauf von 2021 immer teurer – und bleibt extrem wichtig

Ganz Europa war in den vergangenen Monaten stark von Erdgas abhängig. Der europäische Energiemix bestand im Herbst 2021 nur zu 38 % aus erneuerbaren Energien. Wind und Solarenergie sind auch aktuell nicht in der Lage, 100 % des gestiegenen Energiebedarfs zu decken.

Auch wirtschaftliche Faktoren sind für den hohen Erdgaspreis maßgeblich

Hinzu kommt auch hier die sich von der Corona-Rezession erholende Wirtschaft. Das Resultat war ein hoher Gasverbrauch ab Herbst 2021. Dazu waren die Gasvorräte in Europa bereits 2021 knapp – wofür der lange, kalte Winter 2020/2021 sorgte.

Politische Faktoren haben auch bereits vor der Ukraine-Krise den Gaspreis in die Höhe getrieben. Russlands Entscheidung, über die Nord-Stream-1-Pipeline weniger Gas an die Ukraine zu liefern als ursprünglich vereinbart, sorgte für eine weitere Verknappung des gefragten Rohstoffs und damit für weiter steigende Preise.

Die Ursachen für den hohen Benzinpreis

Für die Benzinpreise an den Tankstellen ist der Erdölpreis maßgeblich. Dieser orientiert sich zu einem großen Teil an Angebot und Nachfrage. Zu Beginn der Pandemie im Frühling 2020 war der Ölpreis aufgrund der plötzlich schwindenden Nachfrage auf rund 25 Euro pro Barrel gesunken.

Inzwischen (Stand 14. März 2022) haben der größere Bedarf nach Öl nach dem Ende zahlreicher Corona-Beschränkungen und der seit dem 24. Februar andauernde Krieg in der Ukraine den Erdölpreis auf rund 97,7 Euro pro Barrel angehoben – rund vier Mal so viel.

Hohe Nachfrage nach Erdöl, aber Verzögerungen bei der Förderung machen Benzin teurer

Der gesteigerte Bedarf nach Erdöl bedeutete, dass weltweit auch mehr davon gefördert werden musste. Die Erdöllieferanten hatten sich allerdings noch kurz zuvor auf einen geringeren Verbrauch weltweit eingestellt. Sie konnten daher auf die neue erhöhte Anfrager nur mit Verspätung reagieren, weil sich die Fördermenge für Erdöl weltweit nur langsam erhöhen lässt. Die hohe Nachfrage bei stockendem Nachschub ließ den Preis weiter steigen.

Die neue CO2-Abgabe als Preistreiber bei Benzin

Die CO2-Abgabe soll seit Januar 2021 Verbraucher und Industrie zum Energiesparen motivieren – und kommt allem Anschein nach zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Momentan werden knapp 7 Cent pro Liter Benzin fällig.

Die Kraftstoffsteuern sind aktuell hoch

Bei einem Preis von 2,192 Euro pro Liter Super E10 (Stand: 16. März 2022) besteht etwa die Hälfte aus Steuern und Abgaben. Dabei handelt es sich um 19 % Mehrwertsteuer, die Ökosteuer sowie den Beitrag an den Erdölbevorratungsverband (EBV). Die Aufgabe des EBV ist, sicherzustellen, dass Deutschland auch in Krisenzeiten mit Erdöl versorgt werden kann.

Auch der hohe Dollar-Wechselkurs macht Benzin teurer

Gewinnt der Dollar (Stand am 16. März 2022: 0,91 Euro) im Vergleich zum Euro an Wert, werden auch die in der US-Währung abgerechneten Geschäfte teurer. Das betrifft auch den Handel mit Öl. Während der Dollarkurs im Frühling 2021 noch etwa 82 Cent betrug, ist sein Wert im Sommer 2021 um rund 4 Cent gestiegen.

Die Energiekrise in Zahlen und Fakten

  • Die Angst vor einem russischen Lieferstopp von Öl und Gas lässt die Preise auf dem Energiemarkt immer weiter steigen.
  • Der Preis für den teuersten Brennstoff ist maßgeblich für den Strompreis.
  • Der teuerste Brennstoff ist aktuell Erdgas, das in Deutschland zu mehr als 50 Prozent von Russland geliefert wird.
  • Der Benzinpreis ist direkt vom Ölpreis abhängig.
  • Die Nachfrage nach Öl ist extrem gestiegen, doch es gibt Verzögerungen bei der Förderung.
  • Die Ampel-Koalition hat bereits den Heizkostenzuschuss beschlossen, um Verbraucher zu entlasten.
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