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Warum setzt China Spionageballons ein?

Foto: NASA

Warum setzt China Spionageballons ein?

Ein von China gestarteter Spionageballon hat in den USA und Mittelamerika eine diplomatische Krise ausgelöst. Joe Biden gab schließlich die Erlaubnis, den Ballon abzuschießen. Viele befürchten nun einen neuen Kalten Krieg zwischen den USA und China. Zuletzt wurden ähnliche Ballons auch in Kolumbien und Costa Rica gesichtet – ein weltweiter Lauschangriff scheint denkbar. Aber warum setzt China nicht Drohnen oder Satelliten ein?

So funktionieren Überwachungs- und Spionageballons

Ein Spionageballon ist in der Regel mit hoch entwickelten Kameras ausgestattet. Die aufgenommenen Bilder sollen Aufschluss über das Geschehen am Boden geben. Je nach Ausstattung kann der Ballon die gesammelten Daten per Funk weiterleiten – möglicherweise direkt an einen Satelliten im Orbit. Zudem soll der chinesische Spionageballon mit mehreren Antennen und Sensoren zum Abfangen und Auslesen von Kommunikationsdaten ausgestattet gewesen sein.

Spionageballons sind unbemannt und daher dem Wind ausgeliefert. Einige Modelle können jedoch ferngesteuert werden, sodass sich die Höhe des Ballons verändern lässt. Zudem nutzen ferngesteuerte Spionageballons gezielt den Wind, um ihren Kurs zu ändern. Amerikanische Beamte haben berichtet, dass der chinesische Überwachungsballon mit Propellern zur Steuerung ausgestattet war.

Die Energieversorgung der Geräte an Bord erfolgt in der Regel über Solarzellen. Dies soll auch bei dem chinesischen Spionageballon der Fall gewesen sein. Auch kleine Verbrennungsmotoren oder Batterien zur Versorgung der Elektronik sind denkbar.

 

Warum setzt China Spionageballons ein?
Foto: Wikimedia Commons / CC BY 4.0 / Chase Cloak

Eine Aufnahme des über den USA gesichteten Spionageballons.

Wetterballons sind kleiner, leichter und noch höher unterwegs

China bezeichnet den Vorfall als fehlgeschlagenes Wetterforschungsprojekt. Das scheint kaum glaubhaft: Größe und Flughöhe des großen weißen Ballons weichen deutlich von denen eines gewöhnlichen Wetterballons ab. Der Spionageballon an sich war etwa 18 Meter hoch und hatte eine Flughöhe von 18.000 Metern. Er soll zudem das Gewicht eines kleinen Passagierflugzeugs gehabt haben.

Wetterballons sind dagegen kleiner und leichter. Außerdem fliegen sie viel höher – etwa 30.000 Meter. Darüber hinaus können gewöhnliche Wetterballons keine Kontinente überfliegen, da sie an Messinstrumenten am Boden befestigt sind.

Mit Kameras ausgestattete Ballons gab es bereits im ersten Weltkrieg

Wer das Wort „Spionageballon“ in eine Suchmaschine eingibt, wird wahrscheinlich hauptsächlich Ergebnisse aus den letzten zwei Wochen finden. Dabei wurden Ballonkameras bereits im Ersten Weltkrieg eingesetzt.

In den 1950er Jahren ließen die USA zudem im Rahmen des Projekts „Moby Dick“ Spionageballons mit Kameras über die Sowjetunion fliegen. Diese fotografierten militärisch sensible Gebiete.

Gegenwärtig zeichnet sich ab, dass modern ausgerüstete Spionageballons bereits seit Jahren im Einsatz sind. Laut Aussage eines Beamten des Weißen Hauses wurden in den letzten Jahren mehrere Aktivitäten von Spionageballons auf US-Territorium beobachtet – wohlgemerkt ohne das Wissen der Öffentlichkeit.

Diese Vorteile haben Spionageballons

  1. Im Vergleich zu traditionellen Überwachungstechnologien wie Drohnen, Hubschraubern und Satelliten ist der Betrieb von Spionageballons einfacher und kostengünstiger.
  2. Spionageballons können bis zu 37.000 Meter hoch fliegen – viel höher als die meisten Spionageflugzeuge, die in der Regel 24.000 Meter nicht überschreiten können.
  3. Die langsame Geschwindigkeit und die im Allgemeinen einfache technische Ausrüstung von Spionageballons verringert die Wahrscheinlichkeit ihrer Entdeckung durch Radaranlagen.
  4. Ballons fliegen tiefer als Satelliten und langsamer als Flugzeuge. Daher können sie Teile der Erdoberfläche länger und intensiver beobachten.
  5. Spionageballons bieten daher einen guten Überblick über das zu überwachende Gebiet und ermöglichen die Abdeckung großer Flächen.
  6.  Spionagesatelliten haben eine voraussehbare Umlaufbahn. Diese Schwachstelle haben Spionageballons nicht.

Sind Spionageballons in Zukunft gang und gäbe?

Experten zufolge haben Spionageballons in den letzten Jahren aufgrund dieser Vorteile gegenüber Satelliten und Drohnen an Bedeutung gewonnen. Und das auch in den USA: In den letzten Jahren sollen zahlreiche Tests mit Überwachungsballons über US-Territorium stattgefunden haben.

Die neue strategische Ausrüstung des US-Geheimdiensts könnte China dazu veranlasst haben, diesem Beispiel zu folgen. Das Pentagon geht inzwischen davon aus, dass China in den letzten sechs Jahren mindestens vier Ballons über US-Territorium geschickt hat, die allesamt unentdeckt blieben.

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