Wir glauben, unsere Geschichte gleicht einer Landkarte – lückenlos erschlossen, durch Zeitzeugen, Chronisten und Historiker. Tatsächlich aber ist das, was wir kennen, allenfalls ein Bruchteil der Wahrheit. Welt der Wunder zeigt, wieso Kolumbus einen Fehler machen musste, um zum größten Entdecker aller Zeiten zu werden?
Gravierender Fehler
Studien zeigen heute, dass Toscanelli und Kolumbus bei der Bestimmung der Entfernung zu Asien drei gravierende Fehler unterlaufen. So überschätzen sie aufgrund ungenauer Berichte von Händlern und Gesandten die Ausdehnung des asiatischen Kontinents, wenden eine ptolemäische Formel zur Kalkulation von Längengraden nicht korrekt an – und übersetzen Berechnungen des arabischen Mathematikers Al-Biruni falsch. Der hatte zwar schon 500 Jahre zuvor den Erdumfang nahezu exakt berechnet, nutzte dazu aber die arabische Meile, während Toscanelli und Kolumbus die 25 Prozent kürzere italienische Meile anwenden. Die Folge: Kolumbus plant mit einer Strecke von 4.500 Kilometern, obwohl es in Wahrheit mehr als 20.000 Kilometer bis Ostasien sind.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Hätte Kolumbus korrekt gerechnet, wäre seine Expedition zu Ende gewesen, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Denn mit einem Holzboot 20.000 Kilometer über das offene Meer zu segeln, galt im 15. Jahrhundert selbst unter den wagemutigsten Abenteurern als undurchführbar. Viele Experten sehen die Fehlberechnungen aber gerade deswegen als Glücksfall. Denn hätte Kolumbus die tatsächliche Entfernung gekannt, wäre er wohl nie nach Asien aufgebrochen – und hätte nach 6.691 Kilometern nicht zufällig eine Insel der Bahamas entdeckt, die zwar nicht (wie er bis zu seinem Tod glaubt) vor der Küste Indiens liegt, dafür aber vor einem völlig unbekannten Kontinent: Amerika.