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GameFi – Verschmelzung von Spiel und Wirtschaft

Foto: Envato / astakhovyaroslav

GameFi – die Verschmelzung von Spiel und Wirtschaft

GameFi soll es endlich jedermann möglich machen, mit Gaming Geld zu verdienen. Zu schön, um wahr zu sein oder eine Einnahmequelle mit Zukunft?

Die Spieleindustrie ist ein Milliardengeschäft – und das bereits seit den 1980er Jahren. Schließlich fesseln gekonnt designte Computer- und Videospiele an den Bildschirm wie kaum ein anderes Medium. Entsprechend alt ist auch der Wunsch, mit dem Aufenthalt in virtuellen Welten Geld zu verdienen. Durch Computer- und Videospielwettbewerbe sowie E-Sport-Events ist dieser Traum zumindest für einige talentierte Spieler in Erfüllung gegangen.

Spielende direkt zu belohnen, ist in klassischen Computer- und Videospielen nicht vorgesehen

Auffällig ist dabei jedoch, dass solche Turniere und E-Sport-Events üblicherweise von externen Sponsoren organisiert werden – von Red Bull über Adidas bis hin zur Telekom. Computer- und Videospielhersteller selbst werden dagegen eher selten als E-Sport-Veranstalter aktiv.

Diese Tatsache verdeutlicht die einseitige Beziehung zwischen den Nutzerinnen und Nutzern von Spieleplattformen und klassischen Spieleherstellern. Der Spieler tauscht Geld gegen Unterhaltung. Eine Entlohnung des Spielenden – etwa für besondere Kreativität oder Beiträge zur Spielgemeinschaft – ist nicht vorgesehen. GameFi – gelegentlich auch als „Play to Earn“ bezeichnet – soll diese einseitige Beziehung überwinden.

Mit GameFi soll sich die mit Gaming verbrachte Zeit lohnen

GameFi-Plattformen setzen direkt darauf, den Nutzern ökonomische Anreize zur Teilnahme zu bieten. Dies geschieht in der Regel durch erspielte Belohnungen. In klassischen Computer- und Videospielen haben solche Belohnungen nur einen ideellen Wert. Auf GameFi-Plattformen ist dies anders. Hier werden Belohnungen direkt ausgezahlt – entweder in einer Kryptowährung oder in spielinternen Tokens, die in Kryptowährung umgewandelt werden können. Alles, was Nutzerinnen und Nutzer zur Teilnahme benötigen, ist ein Wallet, um die erspielte Kryptowährung abzulegen.

Das Ergebnis ist ein oft komplexes Finanzwirtschaftssystem, das in der Regel auf der Blockchain-Technologie basiert und Elemente des dezentralisierten Finanzwesens (DeFi) integriert. Bei GameFi-Apps, die Belohnungen direkt in Kryptowährungen auszahlen, können Nutzer zudem die erwirtschafteten Gewinne auf andere Kryptobörsen und NFT-Märkte übertragen. Je nach verwendetem Ökosystem bieten einige GameFi-Apps auch die Möglichkeit, ein passives Einkommen zu erzielen. Dies geschieht, indem Nutzerinnen und Nutzer von Features Gebrauch machen, die das Spiel für sie arbeiten lassen. Dies wird oft als „Yield Farming“ bezeichnet. Gängige Methoden hierfür sind:

Staking: Nutzerinnen und Nutzer bestimmter DeFi-Plattformen können Belohnungen erhalten, wenn sie einen bestimmten Betrag der dort gehandelten Kryptowährung über längere Zeit behalten. Das Ergebnis ähnelt Zinsen auf einem klassischen Sparbuch.

Liquidity Mining: Manche DeFi-Plattformen ermöglichen es Nutzerinnen und Nutzern, eigenes Kapital in deren Liquiditätspool einzuzahlen. Im Gegenzug erhalten diese einen Anteil an den Gebühren, die die Plattform für den Handel mit ihrer Kryptowährung verlangt.

Anbieter von GameFi-Plattformen profitieren von den virtuellen Gewinnen ihrer Nutzer

Eine Plattform, die ihre Nutzer für Gaming belohnt, scheint auf den ersten Blick nur schwer dauerhaft zu finanzieren zu sein. Allerdings besitzen GameFi-Plattformen generell Vorrichtungen, die dafür sorgen, dass Anbieter direkt am Profit ihrer Nutzer verdienen.

Transaktionsgebühren für digitale Käufe und Verkäufe: GameFi-Plattformen erheben generell Gebühren für Transaktionen. Diese Gebühren fallen an, wenn Nutzer beispielsweise Spielgegenstände kaufen, verkaufen oder tauschen. Die Einnahmen aus diesen Gebühren werden für das Wachstum der Plattform verwendet.

Steigende Nachfrage nach Plattform-Token macht diese wertvoller: Viele GameFi-Plattformen haben ihre eigenen Kryptowährungen oder Token, die als Belohnung für die Teilnahme an Aktivitäten auf der Plattform ausgegeben werden. Diese Token können von den Nutzern zum Kauf von Spielgegenständen verwendet oder in andere Kryptowährungen umgewandelt werden. Je mehr Nutzer auf der jeweiligen Plattform aktiv sind, desto höher ist die Nachfrage nach dem Token, wodurch der Wert des Tokens selbst steigt.

Effektive Nutzerbindung vergrößert die Nutzerbasis: Die Möglichkeit, verlässliche Gewinne zu erzielen, motiviert bestehende Nutzer, der Plattform treu zu bleiben, und zieht gleichzeitig neue Nutzer an. Dies führt zu einem organischen Wachstum der Nutzerbasis der Plattform, wodurch die Plattform selbst immer wertvoller wird.

Die erste erfolgreiche GameFi-App erschien 2017 – und ist heute kaum noch relevant

2017 sorgte CryptoKitties für Aufsehen – eine GameFi-Plattform, bei dem Teilnehmende digitale Katzen sammeln, züchten und tauschen können. CryptoKitties basiert auf der Ethereum-Blockchain und gewann schnell an Popularität. 2018 wurde auf CryptoKitties der Meilenstein von mehr als 32,2 Millionen Transaktionen erreicht. Seit 2022 ist die Popularität der App jedoch stark zurückgegangen. Die digitalen Samtpfoten, die kurz nach Veröffentlichung der App oft über 100.000 US-Dollar wert waren, gehen heute für Kleinstbeträge über die digitale Ladentheke.

Quelle: YouTube / CryptoKitties

Das Entwicklerstudio Dapper Lab räumt inzwischen zahlreiche Versäumnisse ein: CryptoKitties war das weltweit erste Spiel auf der Ethereum-Blockchain – und bekam deshalb entsprechend viel Vorschusslorbeeren. Der Wert der digitalen Zuchtkatzen wurde dadurch künstlich in die Höhe getrieben.

Auch das digitale Ökosystem von CryptoKitties erwies sich als fehlerbehaftet. Etwa, weil die im Umlauf befindliche Anzahl digitaler Fellnasen nicht begrenzt war und die Nachfrage somit schnell sank. Zudem fielen die Transaktionsgebühren auf der Ethereum-Blockchain hoch aus. Schließlich zeigte sich auch, dass CryptoKitties über den finanziellen Spielanreiz hinaus insgesamt wenig Unterhaltungswert bot.

Die aktuell (Anfang 2024) erfolgreichsten Game-Fi-Apps

3. Legends Reborn, Age of Chance (Handelsvolumen: 331,25 Millionen US-Dollar)

Legends Reborn ist ein strategisches Kartenspiel, bei dem Spieler aus der ganzen Welt in 1-gegen-1-Kämpfen gegeneinander antreten. Jede Karte des Kartendecks von Spielenden ist einer Fantasy-Kreatur mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen zugeordnet. Kommt es zu einem Kampf, gewinnt derjenige mit dem insgesamt stärkeren Kartendeck. Die Spielenden können nicht nur Karten, sondern auch NFTs und digitales Land kaufen und verkaufen. Die GameFi-App verwendet mehrere virtuelle Währungen, die in die Kryptowährung Ethereum getauscht werden können.

2. Axie Infinity (Handelsvolumen: 1,06 Milliarden US-Dollar)

In dieser GameFi-App züchten und sammeln Spielerinnen und Spieler Fantasy-Kreaturen namens Axie, deren Optik an Pokemon erinnert. Sie können Axies sammeln, züchten, tauschen und bekämpfen. Dadurch erhalten sie verschiedene Belohnungen. Die App verwendet dafür mehrere virtuelle Währungen, die in die Kryptowährung Ethereum getauscht werden können. Außerdem können virtuelle Grundstücke gekauft und gemietet werden.

Die Kontroverse um Axie Infinity

Die derzeit zweitbeliebteste GameFi-App ist inzwischen durchaus umstritten. Denn wer einsteigen und mit der Aufzucht virtueller Monster Geld verdienen will, muss mindestens drei Axies kaufen. Hochwertige Axies mit guten Eigenschaften können bis zu 1000 US-Dollar kosten.

Die Plattform bietet Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit, Axies von anderen Teilnehmenden zu leihen. Wer seine Axies verleiht, erhält im Gegenzug einen Teil der Einnahmen des Nutzers, dem er seine Axies zur Verfügung gestellt hat. Dieser Anteil ist vom Betreiber nicht reguliert. Berichten zufolge nutzen viele Betrüger diese Funktion, um eine große Anzahl von Axies zu verleihen und von unerfahrenen Nutzern maßlos überhöhte Gewinnbeteiligungen zu verlangen.

Im Jahr 2022 wurden nach einem Hackerangriff auf die Plattform Kryptowährungen im Wert von 600 Millionen US-Dollar gestohlen. Trung Nguyen, CEO des Herausgebers der Plattform, geriet in die Schlagzeilen. Er wurde von dem in der Krypto-Szene bekannten YouTuber Asobs dabei ertappt, wie er nach Bekanntwerden des Hackerangriffs Kryptowährungen im Wert von 3 Millionen US-Dollar von seiner Plattform auf die Kryptobörse Binance transferierte.

1. The Sandbox (Handelsvolumen: 1,29 Milliarden US-Dollar)

Im Gegensatz zu den vorgenannten GameFi-Apps ist The Sandbox eine Metaverse-Plattform mit einer 3D-Welt, die Teilnehmende mit personalisierbaren Avataren erkunden können. Die Plattform besitzt ein integriertes Finanzsystem, das auf der Ethereum-Blockchain basiert. Zu den populärsten GameFi-Features von The Sandbox gehört es, digitales Land zu kaufen und zu bebauen.

Auf diesem Land können die Nutzerinnen und Nutzer der Plattform wiederum ihre eigenen NFTs erstellen. Diese können in Form von Gebäuden, aber auch in Form von selbst erstellten Spielen realisiert werden. Denkbare Spiele sind Hindernisparcours oder Gegner, die es zu besiegen gilt. Sowohl das gekaufte Land als auch die erstellten NFTs können verkauft werden. Die in The Sandbox gehandelten Objekte erreichen teilweise einen Wert in Millionenhöhe.

Ist der Hype um GameFi gerechtfertigt?

GameFi steckt noch in den Kinderschuhen – und hat daher noch deutliche Schwächen. Der schnell verflogene Hype um CryptoKitties und die stark missbrauchsanfällige Infrastruktur von Axie Infinity sprechen eine deutliche Sprache. Zudem werden die langfristigen Erfolgsaussichten von GameFi-Plattformen, die ökonomische Anreize über den Spielspaß stellen, unter Experten weiterhin kontrovers diskutiert.

Das Metaverse wird dezentral strukturiert sein – und somit auch GameFi-Plattformen integrieren können

Online-Plattformen, bei denen Transaktionen und die aktive Teilnahme am Finanzökosystem optional sind, wie das seit über zehn Jahren aktive The Sandbox, scheinen dagegen zukunftssicherer zu sein. Zudem kommen derartige Plattformen – wie auch etwa das MILC Metaverse – dem dezentralen Metaverse-Konzept und somit der Zukunft des Internets am nächsten.

Laut Experten wird das Metaverse durch die Integration von Features und Dienstleistungen aller Art – vom digitalen Einkaufszentrum bis zur virtuellen Suchmaschine – in eine offene, dezentrale Infrastruktur geprägt sein. Hier werden sich auch die Dienste von Tech-Giganten wie Meta und Google sich nicht mehr voneinander abgrenzen, sondern koexistieren.

Diese Struktur wird das von autarken Websites und Plattformen geprägte Web 2.0, in dem wir uns heute befinden, ablösen. Im dezentralen Metaverse wird sicherlich auch Platz für GameFi-Angebote aller Art sein. Welche Rolle sie dort spielen werden, wird die Zukunft zeigen.

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