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Warum wachsen Brennnesseln gern in der Nähe von Menschen?

Foto: Imago / Westend 61

Warum wachsen Brennnesseln gern in der Nähe von Menschen?

Brennnesseln sind wenig beliebt. Doch sie wachsen am liebsten in unserer Nähe. Warum ist das so?

Wer im Garten Unkraut jätet, hat immer wieder mit Brennnesseln zu kämpfen. Für viele ist die Pflanze ein besonderes Ärgernis, denn sie sticht und hinterlässt unangenehm juckende rote Quaddeln auf der Haut. Nicht umsonst wird die Brennnessel auch „rotes Feuer“ genannt.

An den Hautreizungen sind die so genannten Brennhaare schuld, die auf den Blättern der Brennnessel sitzen. Ihre Wände bestehen aus Siliziumverbindungen – wie Glas. Bei der kleinsten Berührung bricht die Spitze der Brennhaare ab, und die extrem scharfen Bruchkanten schneiden sich in die Haut. Dabei dringt die in den Brennhaaren enthaltene Methansäure ein und hinterlässt die typischen Schwellungen. Mit dieser Technik hält sich die Brennnessel Fressfeine vom Leib.

Stickstoff bevorzugt

Doch warum wachsen Brennnesseln am liebsten in der Nähe von Menschen? Die Pflanzen wuchern nämlich nicht nur an Straßen-, Feld- und Waldwegen und Seen, sondern besonders gern in unseren Gärten. Der Grund dafür ist, dass Brennnesseln feuchten, stickstoffreichen Boden bevorzugen, da sie Stickstoff binden können – und eine beliebte Quelle sind die Ausscheidungen von Mensch und Tier. Hier macht sich die Brennnessel sogar als Kläranlage nützlich: Durch ihre Vorliebe für Kot und Urin verhindert sie die Verunreinigung von Grundwasser.

Auch wachsen Brennnesseln gern an Gewässern, weil in ihnen ausgewaschene Düngemittel aus Feldern der Umgebung enthalten sind. Damit sind sie Teil eines natürlichen Recyclingsystems. Sobald ein Gebiet eine große Anzahl an Brennnesseln aufweist, lassen sich – ohne chemische Untersuchungen – Rückschlüsse auf die jeweilige Bodenbeschaffenheit ziehen.

Lecker und gesund

Die bekannteste Brennnesselart ist übrigens die so genannte Große Brennnessel, die Urtica Dioica. Das Wort Nessel, so vermutet man, stammt von dem indogermanischen Wort „Nazza“ ab, was so viel wie „nähen“ bedeutet. Denn: Aus Brennnesseln lassen sich auch atmungsaktive und hautverträgliche Textilien erzeugen. Ihre Fasern sind derb und sehr strapazierfähig. Bevor die Baumwolle zu ihrem Triumphzug ansetzte, wurden aus ihren Fasern Stoffe hergestellt. Nesseltücher gab es bereits vor Jahrtausenden. In Leipzig wurde 1723 eine Manufaktur gegründet, die Nesselzwirn fabrizierte. Um das 19. Jahrhundert galt der Nesselstoff als „Leinen der armen Leute“. Zuletzt wurde er im Zweiten Weltkrieg in Deutschland für die Bekleidung von Soldaten verwendet.

Brennnesseln sind auch essbar: Sie bieten nicht nur den Raupen von mehr als siebzig Schmetterlingsarten Nahrung, auch wir Menschen können sie als Tee, im Salat, im Käse oder auch in anderen Nahrungsmitteln genießen. Ihr frisches und leicht nussiges Aroma schmeckt nicht nur gut – die in der Brennnessel enthaltenen Stoffe sind auch gesund. Schon im Altertum wusste man das Kraut als Futter- und Gemüsepflanze und als Volksheilmittel zu schätzen. So lassen sich beispielsweise Tinkturen aus den Blättern herstellen, die bei einer Vielzahl von Erkrankungen helfen können. Sie können rheumatische Beschwerden lindern, den gesamten Stoffwechsel mobilisieren und wirken harntreibend und entschlackend – ein guter Grund also, den sonst so ungeliebten Nachbarn mit anderen Augen zu sehen.

 
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