Welt der Wunder

Nicht glauben, sondern wissen

Moderne Sklaverei gibt es nicht nur in Entwicklungs- und Schwellenländern.

Foto: Imago / United Archives

Sklaverei macht unseren Lebensstandard möglich – auch heute noch

Heute leben mehr Menschen in Sklaverei als je zuvor – kaum zu glauben, aber wahr. Weltweit, so schätzt die Organisation Anti Slavery International, werden über 40 Millionen Menschen als Sklaven ausgebeutet. Unicef spricht davon, dass 160 Millionen Kinder zwischen 5 und 14 Jahren arbeiten – und nicht alle freiwillig.

Erschreckender Selbsttest

Wissenschaftler haben inzwischen einen Online-Rechner entwickelt, der ermittelt, wie viel Sklavenarbeit für seinen persönlichen Lebensstil notwendig ist. Slavery Footprint hat die Herstellung von mehr als 400 alltäglichen Konsumgütern überprüft. Anschließend hat die Organisation minimal oder unterbezahlte Arbeit, Kinderarbeit sowie Zwangsarbeit unter Gewaltanwendung nachgewiesen. Für die Berechnung auf der Website slaveryfootprint.org sind nur ein paar Klicks und weniger als zehn Minuten Zeitaufwand nötig. Das Resultat ist oft erschreckend.

Betreiber der Seite ist eine Non-Profit-Organisation, die zusammen mit einer Abteilung des US-State-Department auf das Problem aufmerksam machen und es bekämpfen will. Die Vereinten Nationen definieren Sklaverei so, dass die Behandlung der Arbeiter unter „Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung wie beispielsweise Entführung oder Täuschung stattfindet“. Auch der Zweck der Ausbeutung ist entscheidend. Sie umfasst die Ausnutzung von Personen durch Prostitution, Zwangsarbeit, Organentnahme oder Ähnliches.

Sklaven arbeiten für unseren Lebensstandard

Millionen Menschen weltweit haben den Selbsttest von Slavery Footprint schon gemacht. Das Ergebnis: Durchschnittlich „beschäftigt“ jeder Nutzer 38 Sklaven. Vor allem in der Rohstoffgewinnung für die Produktion von Massengütern gibt es heute noch Sklavenarbeit. In den Minen Afrikas, Asiens und Südamerikas graben Männer, Frauen und Kinder nach wertvollen Rohstoffen für Elektronikartikel: Wolfram für Kabel, Gold für Mikrochips, Zinn für Verbindungen, Coltan für Kondensatoren.

In jedem Smartphone, Fernseher oder Laptop sind diese Edelmetalle heute unverzichtbar. Nun steckt aber nicht in jedem Computer Sklavenarbeit. Die meisten Hersteller versprechen sogar, dass für ihre Produkte keine Menschen ausgebeutet werden. Doch so genau können sie es gar nicht wissen. Die Verarbeitungskette vom Bergbaustollen bis zum Elektronikfachhandel ist lang und vor allem unübersichtlich.

Seltene Metalle werden unter anderem im Kongo unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut
Foto: Imago / China-Foto-Press

Kinderarbeit auf Baumwollfeldern

Heimelektronik ist ein wichtiger Faktor beim Sklaven-Selbsttest. Ein anderer ist Kleidung. Eine Studie des US-Arbeitsministeriums hat zum Ergebnis, dass in 16 Ländern weltweit – wie etwa Argentinien, Brasilien, Indien und Ägypten – bei der Baumwollernte Sklaven eingesetzt werden.

Es sind aber nicht nur Entwicklungs- und Schwellenländer, in denen Menschen ausgebeutet werden. Japan und die USA sind die berühmtesten Industrienationen auf der schwarzen Liste von Slaveryfootprint. Mais, Kupfer, Gold, Sojabohnen, Quarz und Cadmium werden in diesen Ländern teilweise unter sklavenähnlichen Bedingungen abgebaut oder produziert. Ganz oben auf der Liste für Sklavenarbeit steht China.

Was jeder von uns dagegen tun kann

Wie kann man nun dafür sorgen, dass Sklaverei endgültig abgeschafft wird? Bestimmte Produkte gar nicht mehr kaufen? Laut UNICEF, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, bringt ein Boykott allein nichts. Zumindest nicht im Bereich der Kinderarbeit. Viele Familien sind nämlich darauf angewiesen, dass ihre Kinder mitverdienen, um zu überleben – selbst wenn der Lohn vollkommen ungerecht ist und die Bedingungen menschenunwürdig sind. Und auch die Bergleute in Südamerika betonen, dass sie ihren Job brauchen – sich die Arbeitsbedingungen aber verbessern müssen.

Am effektivsten ist es, Druck auf Firmen und Regierungen auszuüben. Slavery Footprint erlaubt es zusätzlich, E-Mails direkt an die Hersteller von Alltagsgegenständen schicken. Darin werden sie aufgerufen, das Material für ihre Produkte sorgfältig zu kontrollieren, die Arbeitsbedingungen zu überprüfen und zu verbessern. Wie für den Test sind auch dafür nur ein paar Klicks und wenige Minuten Zeit notwendig.

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