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Kopenhagen 2025: Wie Städte klimaneutral werden können

Foto: Envato / Twenty20photos

Kopenhagen 2025: Wie Städte klimaneutral werden können

Kopenhagen soll es vormachen: Durch Stromsparmaßnahmen, Verkehrsrestriktionen und erneuerbare Energien soll es ab 2025 klimaneutral werden.

Die Bevölkerung Kopenhagens wird in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich um 20 Prozent wachsen. Kopenhagen möchte zeigen, dass es möglich ist, Wachstum und höhere Lebensqualität mit der Reduzierung von CO₂-Emissionen zu kombinieren.

  • Von 2005 bis 2021 konnten die Kopenhagener ihre CO2 Emissionen halbieren
  • Weltweit will Kopenhagen die erste klimaneutrale Stadt werden.
  • Strom soll aus einem Biomassekraftwerk, der städtischen Müllverbrennungsanlage, von Windrädern und Solaranlagen kommen.
  • Drei Viertel der europäischen Bevölkerung lebt in Städten.
  • Weltweit verbrauchen Städte 78 Prozent des produzierten Stroms und erzeugen mehr als 60 Prozent der Emissionen.

Städte als große Klimasünder

55 Prozent der Weltbevölkerung lebt im urbanen Raum. Bis zum Jahr 2050 soll dieser Anteil auf 68 Prozent anwachsen. Bereits heute stammt der Großteil des global ausgestoßenen Kohlenstoffdioxids aus urbanen Regionen. Um das im Pariser Klimaabkommen festgelegte Maximum einer Erderwärmung von 1,5 Grad einzuhalten, müssen Städte in klimaneutrale Technologien investieren. Diese sind im Kampf gegen die Klimakrise essenziell.  

Immer mehr Städte wollen daher klimaneutral werden. Dabei müssen sie die menschengemachten Netto-Emissionen auf null senken. Das heißt, dass Städte nur so viel Kohlenstoffdioxid (CO₂) emittieren dürfen, wie sogenannte Senken aufnehmen können. Senken sind Wälder, Moore oder Ozeane, die von Natur aus CO₂ speichern.

Hedonistische Nachhaltigkeit

Im Rahmen des European Green Deal verfolgt die EU (Europäische Union) ein striktes Null-Emissionsziel bis 2050. Doch einigen Städten geht das nicht schnell genug: Kopenhagen will es bereits bis 2025 schaffen. Der Plan dahinter gliedert sich in vier Hauptbereiche: Energieversorgung und -konsum, Mobilität und Stadtverwaltung.  

Den Löwenanteil an Emissionen soll sich Kopenhagen bei der Energieproduktion einsparen. Um nicht von Kohle, Erdöl und Erdgas abhängig zu sein, setzt die Stadt auf ein Biomassekraftwerk namens Amagerværket. Dieses wird durch nachhaltig produzierte Holzhackschnitzel angetrieben. Hinzu kommen Solarzellen und Windräder, welche die Stadt mit Strom versorgen sollen.  

Auch die Müllverbrennungsanlage (MVA) Copen Hill beliefert Straßen, Gassen und Gebäude mit Strom, der beim Verbrennen entsteht. Die MVA ist nicht nur eine Stromquelle, sondern zugleich ein Freizeithotspot. Copen Hill bietet Besuchenden auf seinem abgeschrägten Dach eine Skipiste, eigene Wanderwege und eine Kletterwand. Das Motto hinter dem Konzept lautet „hedonistic Sustainability“, also hedonistische Nachhaltigkeit. Darunter versteht man in Kopenhagen, dass Projekte nicht nur der Umwelt, sondern auch der Lebensqualität der Bevölkerung dienen.   

CO2 wird unter der Erde gelagert

Treibhausgase, die in der MVA oder im Kraftwerk entstehen, sollen durch sogenannte CO₂-Abscheidung und -Speicherung umgeleitet werden. Ein System fängt CO₂ aus den Anlagen auf und leitet dieses in eine unterirdische Speicherstätte. Damit die Energieproduktion nicht zu sehr belastet wird, müssen Kopenhagenerinnen und Kopenhagener weniger Strom konsumieren.

Um Heizkosten zu sparen, werden alte Gebäude neu isoliert. Im Sommer halten „Urban Gardens“ die Flachdächer von Hochhäusern kühl. Bei Neubauten muss der Strom aus erneuerbaren Energien kommen. Viele der Teilziele hat die Stadt bereits erreicht – trotz eines Wirtschaftswachstums von 25 Prozent in den vergangenrm zwei Jahrzehnten.  

In der Mobilität setzt Kopenhagen auf verbesserten Fahrradverkehr, mehr öffentliche Verkehrsmittel und E-Mobilität. Verwaltet wird das Klimaprojekt durch das Klimasekretariat von Kopenhagen. Das Budget für den Grünen Wandel beträgt 2,7 Milliarden dänische Kronen (umgerechnet etwa 360 Millionen Euro). 

Wettrennen auf Null

22 Städte rund um den Globus sind in der Allianz der klimaneutralen Städte vereint. Mehr als 1000 Städte nehmen am UN-Projekt namens „Race to Zero“ teil, einem Wettrennen mit Null-Emissionen-Ziel. Ähnlich wie Kopenhagen verfolgen andere Gemeinden wie Paris, Hamburg oder Glasgow strikte Nachhaltigkeitsmaßnahmen.

Doch nicht nur europäische Städte entwickeln umweltbewusste Strategien. Auch Metropolen, wie Singapur, Yokohama, Rio de Janeiro und Johannesburg sind Teil der Allianz der klimaneutralen Städte. Doch das Null-Emissionen-Ziel liegt nicht für alle so nah wie für Kopenhagen. Für den grünen Wandel brauchen Städte Geld. Der Umstieg von fossilen Brennstoffen, Gas, Kohle und Atomkraft auf erneuerbare Energien ist für Gemeinden, denen Sonne, Wind, Gewässer für Kraftwerke oder Anbauflächen für Holzhackschnitzel fehlen, schwer. Während Kopenhagen noch im Jahr 2015 circa 1.450.000 Tonnen CO2 ausstieß, emittierte Incheon in Südkorea fast 70.000.000.

Zusätzlich hängt der Erfolg solcher Projekte auch vom Umweltbewusstsein der Menschen ab und davon, ob sie bereit sind, mehr mit dem Fahrrad und den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren oder zu recyclen. Auf politischer Ebene stellt sich zudem die Frage, ob sich Menschen auf höhere Steuern, höhere Strompreise oder Transportkosten einstellen wollen.

Klimaneutral: ein schwieriger Begriff

Doch worauf arbeiten die Städte in klingenden Allianzen, Assoziationen und Aktionsbündnissen hin? Was inkludiert die Berechnung ihrer Emissionen? Der ökologische Fußabdruck von Lebensmitteln, die außerhalb der Stadtmauern produziert werden, zählt beispielsweise nicht zu den städtischen Emissionen dazu. Ebenso Waren, die Stadtbewohnerinnen und -bewohner konsumieren, sind nicht Teil der Berechnungen. Kopenhagen musste viel Kritik einstecken, weil der Flughafen außerhalb der Stadt nicht Teil des Klimaplans ist.

Auch der Begriff „klimaneutral“ ist umstritten. Manche Kommunen gleichen ihre Emissionen durch Klimakompensationen aus. Dabei neutralisieren Gemeinden ihre hohen Emissionen mit der Förderung von CO₂-Senken. Eine Stadt kann beispielsweise angeben, dass ihr öffentlicher Verkehr „klimaneutral“ sei und in die Preise eine „Klimasteuer“ einrechnen. Auf der einen Seite erhalten ärmere Länder so Mittel für die Aufforstung und Erhaltung ihrer Wälder, Moore und Meere. Denn meistens wollen europäische Industrienationen in kostengünstige Projekte in ärmeren Regionen investieren. Andererseits müssen Städte damit nicht an ihrer eigenen Infrastruktur arbeiten. Kritische Stimmen behaupten, dass es sich bei CO₂-Kompensationen um Greenwashing handle, da auch ein Bus mit Verbrennungsmotor den Stempel „klimaneutral“ tragen könnte.   

Dennoch können Städte, wie Kopenhagen als Vorbild für andere dienen. Unabhängig von den jeweiligen Ländern wollen gerade europäische Metropolen mit klimaneutralen Ideen dem Ziel für 2050 vorauseilen. Nun hoffen ressourcenärmere, bevölkerungsreichere Städte das Rennen auf null zu machen. Durch verstärkte Teilnahmen an Allianzen, Bündnissen und Interessensgemeinschaften bestärken diese zumindest die Symbolwirkung der Klimaneutralität.

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