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1. So funktioniert die CO₂-Steuer
Die Bepreisung von CO₂ zielt darauf ab, den ökonomischen Wert von Emissionen erfassbar zu machen. Unternehmen, die CO₂ ausstoßen, müssen dafür zahlen – entweder durch eine direkte Steuer oder durch den Kauf von Emissionszertifikaten in einem Emissionshandelssystem (ETS), in dem Unternehmen mit Emissionsrechten handeln.
CO₂-Bepreisung in der Praxis – die CO₂-Steuer, CO₂-Mindestpreise und Co.
- Seit 1991 erhebt Schweden eine CO₂-Steuer, die heute bei etwa 120 Euro pro Tonne liegt. Diese Maßnahme hat bereits zu einer Reduktion der Emissionen geführt, insbesondere im Wärmebereich. Der Einsatz fossiler Brennstoffe wie Heizöl ist zurückgegangen, während der Anteil von Biomasse und Fernwärme gestiegen ist.
- Kanada hat 2019 eine nationale CO₂-Steuer eingeführt. Haushalte erhalten einen Teil der Einnahmen als sozialen Ausgleich zurück. Gleichzeitig werden Investitionen in saubere Energiequellen wie Wind- und Solarenergie gefördert.
- Das Vereinigte Königreich führte 2013 einen CO₂-Mindestpreis ein. Diese Maßnahme verteuerte den Betrieb von Kohlekraftwerken erheblich. Im Jahr 2020 stammte der britische Strom erstmals überwiegend aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Solar.
- Japan hat in mehreren Regionen, darunter Tokio und Saitama, lokale CO₂-Bepreisungssysteme eingeführt. Ein zentraler Bestandteil von Japans Umweltstrategie ist die Entwicklung von Wasserstofftechnologien. Japan investiert in den Aufbau einer Infrastruktur für grünen Wasserstoff, um fossile Brennstoffe insbesondere in der Industrie und im Transportsektor zu ersetzen.
2. So funktionieren CO₂-Zertifikate
CO₂-Zertifikate sind handelbare Wertpapiere, mit denen der Ausstoß von Treibhausgasen kompensiert werden soll. Ein CO₂-Zertifikat entspricht der Vermeidung oder Beseitigung einer Tonne CO₂ oder eines vergleichbaren Treibhausgases. Auch Klimaschutzprojekte, die Emissionen reduzieren oder CO₂ binden, erzeugen CO₂-Zertifikate, die auf freiwilligen oder regulierten Märkten gehandelt werden können.
Emissionszertifikate in der Praxis
- Betreiber großer Industrieanlagen und Kraftwerke in Europa müssen Emissionszertifikate vorweisen. Reduzieren diese ihre Emissionen, können sie überschüssige Zertifikate verkaufen.
- Projekte wie der Kasigau Corridor in Kenia fördern die Wiederaufforstung und binden CO₂ aus der Atmosphäre. Die dadurch generierten CO₂-Zertifikate werden an Unternehmen verkauft.
- In Ländern wie Indien oder Brasilien werden CO₂-Zertifikate durch Investitionen in Wind- und Solarkraftwerke erzeugt, die fossile Brennstoffe ersetzen.
- Unternehmen wie Lufthansa oder EasyJet bieten Passagieren die Möglichkeit, ihre Flugemissionen durch den Kauf von CO₂-Zertifikaten auszugleichen. Diese Gelder fließen in Klimaschutzprojekte.
3. So funktionieren Emissionshandelssysteme
Ein Emissionshandelssystem (ETS) ist ein marktbasiertes Werkzeug zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Die Regierung legt eine Obergrenze für die maximal zulässigen Emissionen in einem bestimmten Zeitraum und für bestimmte Sektoren fest. Innerhalb dieser Obergrenze werden Emissionszertifikate ausgegeben. Die Unternehmen müssen am Ende jeder Periode über genügend Zertifikate verfügen, um ihre Emissionen abzudecken.
Unternehmen, die weniger emittieren, können überschüssige Zertifikate auf dem Markt verkaufen, während solche mit höheren Emissionen zusätzliche Zertifikate kaufen müssen. Dadurch entsteht ein wirtschaftlicher Anreiz zur Emissionsminderung, da emissionsarme Technologien und Maßnahmen kosteneffektiv werden. Das System fördert (theoretisch) also Klimaschutz, ohne wirtschaftliches Wachstum zu behindern.
Emissionshandelssysteme in der Praxis
- Das EU-Emissionshandelssystem, das weltweit größte seiner Art, deckt rund 40 % der Emissionen der EU ab. Seit seiner Einführung im Jahr 2005 sind die Emissionen in den teilnehmenden Sektoren, insbesondere in der Stromerzeugung, um rund 35 % zurückgegangen. Unternehmen wie RWE und E.ON haben ihre Kohlekraftwerke schrittweise durch Gaskraftwerke und erneuerbare Energien ersetzt.
- Das kalifornische Cap-and-Trade-Programm unterstützt eine Vielzahl von Klimaschutzprojekten, darunter die Entwicklung von Elektrofahrzeugen und den Schutz von Wäldern. „Cap“ steht für die festgelegte Obergrenze für die Gesamtemissionen, an der sich der Handel (trade) der Emissionszertifikate orientiert. Seit der Einführung des Systems im Jahr 2013 hat Kalifornien seine Emissionen kontinuierlich reduziert, während die Wirtschaft weiter gewachsen ist.
- Chinas 2021 gestartetes nationales Emissionshandelssystem zielt auf die Dekarbonisierung seines massiven Energiesektors. Unternehmen wie State Grid und China Southern Power Grid investieren verstärkt in Solar- und Windkraftanlagen.
Die Kritik reißt nicht ab
Sowohl die Bepreisung von CO₂ als auch der Handel mit CO₂-Zertifikaten wird seit Jahren kritisiert. Beiden Methoden wird generell vorgeworfen, dass sie trotz ihrer guten Akzeptanz die tatsächlichen Emissionen nicht ausreichend reduzieren. Kritiker bemängeln, dass die festgelegten CO₂-Preise zu niedrig sind, um eine wesentliche Verhaltensänderung bei Unternehmen und Verbrauchern zu bewirken. Zudem sehen sie die Gefahr, dass sich wohlhabendere Unternehmen von ihren Emissionen freikaufen könnten, während ärmere Regionen und Personen überproportional belastet werden.
Zudem wird argumentiert, dass der Emissionshandel Schlupflöcher bietet. Diese können es Unternehmen ermöglichen, ihre Emissionen formal zu reduzieren, ohne tatsächliche Veränderungen in ihren Produktionsprozessen vorzunehmen. Zudem können Zertifikate aus unseriösen Klimaschutzprojekten stammen, deren Beitrag zur Emissionsminderung nur schwer oder gar nicht überprüfbar ist.
Ohne erneuerbare Energien wird es keine Energiewende geben
Die zunehmende Kritik legt nahe, dass CO₂-Bepreisung und -Zertifikate Teil eines breiteren Maßnahmenpakets sein müssen, das auch die Förderung erneuerbarer Energien umfasst. Erneuerbare Energien erfordern zudem ein robustes, flexibles Stromnetz, das in der Lage ist, erneuerbare Energiequellen effizient zu integrieren und zu verteilen.
Ein Beispiel für ein solches modernes Smart Grid ist das ION Power Grid, das darauf abzielt, den Energiefluss von dezentral erzeugten erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne und Wasserkraft zu optimieren. Zudem ermöglicht es mithilfe von Blockchain-Technologie den direkten Handel mit Strom zwischen Privatpersonen sowie die Vergütung für die Einspeisung von Energie, die die Kapazität des Netzes überschreitet.
Langfristig zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der Klimawandel nur durch eine Kombination von CO2-Bepreisung, gezielter Förderung erneuerbarer Energien und innovativer Technologien bekämpft werden kann.