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Zum Erfolg verpflichtet, zum Scheitern verurteilt? Das Schicksal der Kennedys

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Zum Erfolg verpflichtet, zum Scheitern verurteilt? Das Schicksal der Kennedys

Keine Familie der USA stand über Jahrzehnte hinweg so sehr im Rampenlicht wie die Kennedys. Doch so glamourös wie ihr Leben scheint, so seltsam ist das Schicksal, das viele ihrer Mitglieder über die Zeit ereilt: Skandale, Mordanschläge und tödliche Unfälle säumen den Weg der Familie.
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Die Kennedy-Dynastie scheint vom Pech verfolgt. Immer wieder kommt es zu tragischen Unglücken – zwei Familienmitglieder werden ermordet, sieben werden in Flugzeugabstürze verwickelt. Eine Chronologie.

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Das Oberhaupt der Kennedy-Familie, Joseph P. Kennedy, ist ein Selfmade-Millionär, ein mächtiger und einflussreicher Geschäftsmann. In den dreißiger Jahren erwirtschaftet er unter anderem durch Börsenspekulationen und Schnapshandel zur Zeit der Prohibition ein stattliches Vermögen. Seine neun Kinder erzieht der Patriarch mit eiserner Disziplin. „Wir wollen keine Verlierer unter uns haben. In dieser Familie wollen wir nur Gewinner“, bläut er ihnen ein.

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Bereits sein ältester Sohn, Joseph P. Kennedy jr., hätte nach dem Willen seines Vaters Präsident der USA werden sollen. Doch dazu kommt es nicht: Joe, Pilot bei der Navy, kommt bei einem Flugzeugunglück über dem Ärmelkanal ums Leben. Er stirbt im Alter von nur 29 Jahren; seine Leiche wird nie gefunden.

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Die älteste Tochter des Kennedy-Clans, Rosemary (vorne links), ist dagegen so gar nicht nach dem Willen des ehrgeizigen Vaters geraten: Sie ist zurückhaltend, leidet vermutlich auch unter einer Lernbehinderung. Dennoch nimmt sie an gesellschaftlichen Veranstaltungen teil, Kunst und Musik sind ihr großes Hobby, sie schreibt sogar selbst Tagebuch. Doch dem Druck des strengen Vaters ist das sensible hübsche Mädchen auf Dauer nicht gewachsen: Sie reagiert zunehmend aggressiv.

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Joseph Kennedy, um den Ruf seiner Familie besorgt, lässt schließlich eine Lobotomie an seiner Tochter durchführen. Diese schwere Gehirnoperation soll „ihr Gemüt besänftigen“, doch Rosemary (hier rechts im Bild) wird dadurch zum Pflegefall. Zeit ihres Lebens kann sie nicht mehr richtig sprechen und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. In der Klinik, in der sie noch weitere 57 Jahre verbringt, besucht der Vater die „Verliererin“ kein einziges Mal.

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1948 kommt auch die jüngere Schwester Kathleen, wie schon ihr älterer Bruder Joe, bei einem Flugzeugunglück ums Leben. Sie und ihr Verlobter hatten den Segen des Kennedy-Oberhaupts für ihre Hochzeit erbitten wollen – auf dem Weg zu ihm stürzt die Maschine ab. Kathleen war zuvor schon einmal verheiratet gewesen; ihr Mann war jedoch im Zweiten Weltkrieg von einem Heckenschützen erschossen worden.

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Josephs zweitgeborener Sohn, John F. Kennedy, erfüllt schließlich den Wunsch des Vaters: Er wird Präsident der USA, Hoffnungsträger einer ganzen Nation, wird wie eine Lichtgestalt gefeiert. Doch in seine Ehe mit der hübschen Jacqueline Bouvier hält das Unglück Einzug: Ihr erstes Kind kommt tot zur Welt, das vierte stirbt nur wenige Tage nach der Geburt. John F. ist oft krank, nimmt starke Medikamente.

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Schließlich, am 22. November 1963, kommt es zu einem Attentat auf den jungen Präsidenten. John F. Kennedy wird am helllichten Tag bei einer Rundfahrt durch Dallas im Auto erschossen. Das brutale Attentat schockiert die ganze Welt. Bis heute ist nicht klar, ob die tödlichen Schüsse wirklich allein von dem kurz darauf festgenommenen Lee Harvey Oswald abgefeuert wurden – oder ob ein Komplott dahintersteckte.

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Sein jüngerer Bruder „Bobby“ will für das Präsidentenamt kandidieren – und seine Chancen stehen gut. Vier Vorwahlen gewinnt er. Doch dann, auf einer Wahlkampfveranstaltung in Los Angeles, wird auch er Opfer eines Attentats. Als Täter wird der Palästinenser Sirhan Bishara Sirhan verhaftet, dem Roberts Israelpolitik missfiel.

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Die Kennedy-Familie unternimmt einen vierten, wenn auch verhaltenen Anlauf: Nachdem seine drei älteren Brüder ums Leben kamen, versucht Edward „Ted“, der jüngste Sohn, sein Glück in der Politik. Im Alter von 32 Jahren stürzt auch er mit einem Flugzeug ab – und überlebt. Doch das Glück bleibt nicht auf seiner Seite ...

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Fünf Jahre später verursacht Ted einen tödlichen Autounfall auf der Insel Chappaquiddick. Sein Wagen rast in einen Kanal. Er selbst kann sich retten, doch statt Hilfe für seine Beifahrerin zu holen, flieht Ted. Die Frau stirbt. Anklage wird nicht erhoben, doch Ted zahlt über eine Million Dollar an die Familie. Seine Karriere erholte sich nur schwer von diesem Knacks. Alkohol wird zunehmend zu Teds Problem.

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Nun greift der „Kennedy-Fluch“ auf die nächste Generation über. Teds ältester Sohn Edward M. jr. (das Bild zeigt Vater und Sohn) erkrankt an Krebs und verliert im Alter von nur zwölf Jahren ein Bein.

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Auch die Söhne von John F. Kennedys Bruder Robert F. hadern mit dem Schicksal: Erst gerät Joe F. Kennedy II in eine Flugzeugentführung, kann aber gerettet werden. Dann verursacht er einen schweren Autounfall (Symbolbild), bei dem seine Freundin Pam Kelley querschnittsgelähmt wird. Auch sein Bruder David A. wird verletzt.

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David muss nach dem Unfall starke Medikamente nehmen. Bald wird er süchtig und beginnt, mit Heroin und Kokain zu experimentieren. Mit 28 Jahren stirbt er an einer Überdosis.

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Auch Patrick J. Kennedy, Sohn von Ted Kennedy, hat mit Drogenproblemen zu kämpfen. Er wird medikamentenabhängig, verursacht sogar einen Unfall vor dem Kongressgebäude.

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John F. Kennedys Sohn, John F. Kennedy jr., und seine Frau Carolyn Bessette-Kennedy fallen – unglaublich, aber wahr – ebenfalls einem Flugzeugabsturz zum Opfer. Damit ist Caroline Bouvier Kennedy das einzige noch lebende der vier Präsidentenkinder.

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Weniger Jahre später kommt Michael LeMoyne Kennedy, Sohn von Robert F. Kennedy, bei einem Skiunfall (Symbolbild) ums Leben. Auch er hatte vorher mit Alkoholproblemen zu kämpfen gehabt.

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2011 stirbt schließlich Kara Kennedy (rechts im Bild), die älteste Tochter von Ted Kennedy und John F. Kennedys Nichte, an den Folgen ihres Lungenkrebses.

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Joseph P. Kennedy III, Sohn von Joseph Patrick Kennedy II und Enkel von Robert F. Kennedy, will den Kennedy-Clan zurück auf die politische Bühne führen. Gute Chancen hat er: Er ist jung, smart, und seit 2012 Mitglied im Repräsentantenhaus. Bei den Wahlen 2014 und 2016 wurde er jeweils mit deutlichem Vorsprung wiedergewählt. Am 3. Januar 2017 trat er eine weitere zweijährige Amtszeit als Kongressabgeordneter an. 2020 forderte er erfolglos den amtierenden Senator Ed Markey für die Nominierung durch die Demokraten bei den Wahlen zum US-Senat von Massachusetts heraus. Seitdem ist er unter anderem als Mitglied zahlreicher Beiträte sowie als politischer Kommentator für CNN tätig.

Gewehrkugeln und Flugzeugabstürze

Ihren Anfang nimmt die seltsame Reihe von Todes- und Vorfällen bereits im Jahr 1944, als Joseph P. Kennedy, der ältere Bruder von John und Robert, im Zweiten Weltkrieg fällt. Vier Jahre später kommt die Schwester Kathleen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. 1963 trauern John F. und Jackie Kennedy um ihren Sohn, der kurz nach seiner Geburt stirbt. Am 22. November desselben Jahres dann das Drama: US-Präsident John F. Kennedy wird in Dallas durch Gewehrkugeln ermordet. Die Großfamilie verliert ihr wohl schillerndstes Mitglied bei einem Mordanschlag.
 
Johns Bruder, Edward M. Kennedy, überlebt 1964 einen Flugzeugabsturz, bei dem zwei seiner Begleiter umkommen. Fünf Jahre später sitzt er bei einem Autounfall am Steuer, bei dem seine Beifahrerin stirbt. Zuvor waren sie auf einer Party – bei dem Crash ist Alkohol im Spiel. Drogen sind keine Seltenheit in der Familie: So stirbt Robert F. Kennedys Sohn David Anthony Kennedy 1984 an einer Überdosis Kokain. Schließlich, 1997, stirbt dessen Bruder Michael Kennedy, an den Folgen eines Skiunfalls. Zwei Jahre später stürzt John F. Kennedy Jr. mit seiner Frau Carolyn und seiner Schwägerin mit dem Flugzeug ab, bei dem sie alle drei sterben – am Steuer hatte er selbst gesessen. 

Mysteriöser Fluch oder eigene Schuld? 

Liegt auf der Familie Kennedy tatsächlich ein Fluch? Oder sind die Todesfälle anders zu erklären? Fest steht: Die Kennedys sind immer risikofreudig gewesen. Ihr Vater, Joseph P. Kennedy, hat seine Kinder zu Draufgängern, zu Siegertypen, erzogen und sie immer ins Rampenlicht gedrängt. Joseph will keine Verlierer in der Familie haben – daraus macht er keinen Hehl. Die Kinder einst armer, irischer Einwanderer sollen es in Amerika besser haben, es zu etwas bringen. So stachelt der Vater jeden einzelnen Spross zu Höchstleistungen an, fordert vollen Einsatz. Die Erwartungshaltung ist immens – und die Fallhöhe hoch. Oft geht der Ehrgeiz mit Selbstüberschätzung einher: So ist vielleicht auch zu erklären, warum John F. Junior bei schlechtesten Sichtverhältnissen und mit nur wenigen Flugstunden seine Maschine übers offene Meer steuert und abstürzt.
 
Viele Familienmitglieder kommen mit dem Druck und dem Leben in der Öffentlichkeit nicht zurecht, flüchten sich in den Drogenkonsum. Aber nicht immer kommt die Abhängigkeit ans Licht: John F. Kennedy ist fast sein ganzes Leben lang krank, doch seine ständigen Rückenschmerzen, sein Asthma, die Müdigkeit und Allergien passen nicht ins Bild eines US-Präsidenten. Zeit seines Lebens vertuscht er seine Medikamentensucht.
 
Nicht zuletzt hatte die Glamour-Familie viele Neider und Feinde: John und Robert etwa hatten während ihrer politischen Karriere mit vielen Widernissen zu kämpfen. Bis heute halten sich viele Theorien, beispielsweise dass sie der Mafia zu unbequem geworden waren, oder dass sie der CIA im Weg standen. Roberts Mörder – noch an Ort und Stelle festgenommen – werden später für schuldig befunden und verurteilt. Verschwörungstheoretiker behaupten aber bis heute, dass bei dem Anschlag mehr Schüsse gefallen wären als in den Revolver des Attentäters gepasst hätten – es müsste also einen zweiten Attentäter gegeben haben. 

Ein Leben wie ein TV-Drama

Trotzdem: Wer in die Kennedy-Dynastie hineingeboren wird, der tritt ein schweres Erbe an. Auf ihm liegen so viele Blicke, dass es schwer, wenn nicht unmöglich ist, die Erwartungen zu erfüllen. Die Geschichte der Familie, so könnte man fast meinen, scheint dem Drehbuch einer amerikanischen Fernsehserie entsprungen zu sein: Schöne, erfolgreiche Menschen, große Dramen, manchmal vor, meist hinter der Bühne; da kommt es zu Skandalen, vermeintlichen Verbindungen zum organisierten Verbrechen, Intrigen, Affären. Doch: Es ist kein Drehbuch. Und so berauschend wie das Leben als Kennedy auch scheint, so schwer wiegt bis heute die Last des Namens auf den Schultern seiner Träger.
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