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Ist Laktoseintoleranz eine erfundene Krankheit?

Foto: iStock / Cheshire Cat

Ist Laktoseintoleranz eine erfundene Krankheit?

Laktoseintoleranz wirkt wie die neueste Modekrankheit: Plötzlich scheint niemand mehr Milchprodukte zu vertragen. Ein Grund zur Panik? Oder könnte Laktosetoleranz nur ein fiktives Leiden sein?

In Deutschland müssen etwa zehn Prozent der Bevölkerung beim Verzehr von Milchprodukten mit Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall rechnen. Die Industrie hat darauf reagiert und mittlerweile Joghurt, Käse und Co. in laktosefreien Varianten entwickelt.

Das Enzym Laktase spaltet Laktose in seine Bestandteile

Der Grund für die Milchzuckerunverträglichkeit ist die Unfähigkeit des Körpers, Laktase zu bilden. Laktase ist ein Enzym in der Schleimhaut des Dünndarms, das Zuckerbausteine spaltet. Bei einer Intoleranz produziert der Dünndarm entweder zu wenig oder gar keine Laktase. Somit kann er den Milchzucker nicht in seine Bestandteile Glukose und Galaktose spalten.

Findet diese Spaltung nicht statt, wird der Milchzucker nicht in den Dünndarm aufgenommen, sondern wandert direkt in den Dickdarm. Dort wird er von Bakterien abgebaut, bis auf die Bestandteile, die sie nicht verwerten können. Diese scheiden sie als Abfallprodukte aus. Das verursacht dann die unangenehmen Bauchschmerzen.

Ist Milchsäureverträglichkeit die Ausnahme?

Mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung können keine Laktase bilden und müssen nach dem Verzehr von Milchprodukten mit unangenehmen Symptomen rechnen. Europäer und Nordamerikaner gehören zu den wenigen, die die Fähigkeit erlangt haben, im Alter von mehr als zwei Jahren Milchprodukte zu sich zu nehmen.

Im Alter von mehr als zwei Jahren? Ganz recht. Alle Babys können während der Stillzeit Laktase bilden, um die Muttermilch als Energiequelle für eine optimale Entwicklung zu nutzen. Nach dem Abstillen verlieren die meisten Kinder die Fähigkeit, das Enzym herzustellen und werden laktoseintolerant. Das geschieht in der Regel ab dem zweiten Lebensjahr.

Wer im Erwachsenenalter Laktase bilden kann, besitzt mutiertes Erbgut

In Europa ist die Entwicklung der Fähigkeit, im Kinder- und Erwachsenenalter Laktase zu bilden, auf die Jungsteinzeit zurückzuführen. Damals begannen unsere Vorfahren, zunehmend Molkereierzeugnisse zu verzehren. Somit veränderte sich bei vielen Menschen über die Zeit das Erbgut und es fand eine genetische Mutation statt, die das sorgenlose Trinken von Milch erlaubte.

Primäre und sekundäre Laktoseintoleranz

Diese Mutation betrifft jedoch nicht alle Menschen. Wer über kein derart mutiertes Erbgut verfügt, hat somit eine genetisch bedingte Laktoseintoleranz. Diese wird in der Fachsprache auch primäre Laktoseintoleranz genannt. Allerdings beträgt die Anzahl der Menschen mit primärer Laktoseintoleranz in Deutschland lediglich 15 Prozent.

Eine genetisch bedingte Laktoseintoleranz ist somit keine Krankheit und kann auch nicht geheilt werden. Allerdings kennt die Medizin auch die sekundäre Laktoseintoleranz, die bei Menschen auftritt, die eigentlich Laktase bilden können. Und diese hat tatsächlich körperliche Ursachen. Bestimmte Darmkrankheiten wie eine Entzündung der Darmschleimhaut oder veränderte Verhältnisse im Magen-Darm-Trakt können die Ursache sein. Zudem können bestimmte Vorerkrankungen eine sekundäre Laktoseintoleranz begünstigen.

Der Darm kann die Fähigkeit zur Bildung von Laktase auch mit dem Alter verlieren

Arbeitet die Bildung von Laktase im Darm wieder wie sie soll, kann der Darm den Milchzucker wieder wie gehabt abbauen. Wer spürt, dass sich bei ihm erst später im Leben eine Laktoseintoleranz einstellt, sollte daher einen Arzt besuchen. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen die ehemals vorhandene Fähigkeit zum Verdauen von Laktose mit dem Alter nachlässt. Ist Laktosetoleranz also wirklich eine erfundene Krankheit? Die Antwort ist somit ein klares Jein.

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