Wie weit kann ein Mensch mit nur einem einzigen Atemzug tauchen? So genannte Apnoetaucher versuchen, eine möglichst große Distanz unter Wasser zurückzulegen – ohne Atemmaske und Sauerstoffgerät. Doch wo liegen die Grenzen?
Tonnenschwere Belastung für den Körper
Ab einer Tauchtiefe von etwa vierzig Metern wird das Lungenvolumen auf seine minimale Größe von circa 1,2 Litern komprimiert. Damit ist nur noch die Menge Atemluft in der Lunge vorhanden, die sich permanent dort befindet und nicht ausgeatmet werden kann. Man spricht hierbei vom Residualvolumen. In noch größeren Tiefen steigt deshalb die Gefahr eines Unterdrucks in der Lunge rapide; der Taucher schwebt in Lebensgefahr. Bei weiterem Hinabtauchen strömt Blut vom Bauch in das Lungengewebe, lässt es anschwellen und verhindert auf diese Weise eine weitere Abnahme des Volumens. Bis zu 1,5 Liter Blut können in die Gefäße gelangen und das Organ so vor dem Kollaps schützen. Diesen Prozess, der auch Robben oder Wale in große Tiefen tauchen lässt, nennt man „Bloodshift“, eine Blutumverteilung vom Bauch- in den Brustraum.
Um dem hohen Wasserdruck standhalten zu können, müssen Apnoetaucher eine besondere Atemtechnik trainieren, das „Buccal Pumping“. Dabei lernen sie, sich gewissermaßen aufzublähen – wie ein Kugelfisch. Diese Technik bietet dem Athleten die Möglichkeit, selbst nach maximaler Einatmung je nach Können zwei bis fünf weitere Liter Luft in die Lungen zu pumpen. Bei einem Apnoetaucher vergrößert sich damit das normale Lungenvolumen von zehn auf bis zu 15 Liter. Außerdem sinkt der Herzschlag bei trainierten Freitauchern auf bis zu zwölf Schläge pro Minute – der Körper passt sich den extremen Bedingungen an.
Gefahr beim Auftauchen
Taucht der Apnoetaucher zu schnell auf, kann das Blut den Sauerstoff nicht mehr aufnehmen. Die Gefäße müssen sich erst wieder an die veränderten Verhältnisse gewöhnen. Andernfalls droht eine Art Überdosis; die Sauerstoffversorgung des Gehirns bricht zusammen und der Taucher wird ohnmächtig. Um die Verletzungsrisiken zu minimieren, steigern Apnoetaucher deshalb die Tauchtiefe in kleinen Schritten. Durch regelmäßige Übungen können sie sich sowohl physiologisch als auch mental auf diese außergewöhnliche Belastung beim Tauchen einstellen – und zum Beispiel die Anzeichen einer drohenden Ohnmacht rechtzeitig erkennen.
Auch im Apnoe-Tauchsport gibt es verschiedene Disziplinen: Beim Zeittauchen werden die Minuten gemessen, in denen der Sportler das Gesicht vollständig unter Wasser hält. In der Disziplin Streckentauchen gilt es für den Apnoetaucher, eine möglichst große Strecke unter Wasser zu schwimmen. Der Taucher kann die Distanz entweder mit oder ohne Flossen zurücklegen. Bekannt sind aber vor allem die Tieftauchdisziplinen. Der derzeitige Rekord liegt bei 214 Meter. Tiefer als der Extremsportler Herbert Nitsch ist bisher kein Mensch getaucht.
Das Spiel mit dem Feuer
Ungeachtet dessen gilt das Interesse der Extremsportler immer neuen Höchstleistungen und waghalsigen Versuchen. Doch wo liegen die Grenzen? Selbst Herbert Nitsch, der im Juni 2012 seinen eigenen Rekord brechen wollte, verünglückte dabei. Mittlerweile geht er wieder regelmäßig tauchen, doch es hat lange gedauert, bis er sich von den Hirnschlägen erholte, die er beim Auftauchen erlitt. Seither hat er an Land mit Gleichgewichtsstörungen zu kämpfen. Das No-Limit-Tauchen ist ein Spiel mit dem Feuer – doch der Wunsch nach dem ultimativen Kick wird Apnoisten wohl noch viele weitere Jahre hinab in die unergründlichen Tiefen der Meere ziehen.