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Wie überzeuge ich im Internet?

Foto: iStock / Crailsheim Studio

Wie überzeuge ich im Internet?

Nathalie Nahai, die Autorin des Bestsellers „Webs of Influence: The Psychology of Online Persuasion“, ist eine der führenden Webpsychologen. Sie berät Unternehmen, wie diese im Internet möglichst überzeugend auftreten können, und erklärt, mit welchen geheimen Strategien man Menschen für sich gewinnen kann.

Er ist stark übergewichtig, hat keinen Schulabschluss, keinen Job und keine Freundin – auf den ersten Blick ist Christopher Hans wohl das, was viele als den klassischen Verlierertypen bezeichnen würden. Doch mit nur einem Klick ändert sich das Leben des 21-Jährigen. Im Mai 2015 postet er ein Video auf seiner Facebook-Seite. Darin redet er über Belangloses aus seinen Alltag, am Ende des 23-Sekunden-Clips fällt der Markenspruch des künftigen Social-Media-Stars – „so true“.

Der Clip wurde bis jetzt 20.000-mal geklickt, Christophers Facebook-Fangemeinde wächst rasant auf 380.000 Follower. Es folgen weitere Videos mit ähnlichem Inhalt: Christopher raucht, freut sich aufs Wochenende, mäht den Rasen. Bis zu 1,5 Millionen Menschen sehen sich mittlerweile seine Videos an. Aber wie hat es Christopher Hans geschafft, so viele zu überzeugen? Was ist das Geheimnis seiner digitalen Super-Persuasion? Und welche Regeln muss man beachten, um im Netz erfolgreich zu sein?

Die Webpsychologin Nathalie Nahai beobachtet seit Jahren die Aufmerksamkeitslogik von Homepages sowie von Social Media Plattformen wie Facebook, Twitter und Instagram. Sie ist überzeugt: Egal, ob bewusst oder unbewusst – nur wer bestimmte Verhaltensregeln der Online-Persuasion befolgt, kann auch als unbekannter User voll durchstarten oder als Unternehmen Kunden gewinnen.

Regeln der Online Persuasion

  • Regel Nr. 1: Kenne deine Zielgruppe. Christopher Hans wendet sich mit seinen Alltagsthemen an User in seinem Alter, spricht sie kumpelhaft an und achtet auf Wiedererkennungswerte in Form von Slogans – so spricht er vom „Hans-Entertainment-Moment“ oder sagt „so true“. „Empathie und Zusammengehörigkeitsgefühl spielen eine entscheidende Rolle bei der Online-Persuasion“, erklärt Nathalie Nahai.
  • Regel Nr. 2: Kommuniziere überzeugend. Dazu gehört es Nahai zufolge, die Sprache der Fans bzw. Kunden auf einer Homepage zu nutzen oder zu kopieren – und das macht Hans, weil er den Jugendslang beherrscht. Das bestätigt auch Thomas Knieper, Kommunikationsexperte an der Uni Passau. „Hans’ Überzeugungs-Repertoire erstreckt sich von Hashtags bis zu Anglizismen in der Alltagssprache.“
  • Und auch Regel Nr. 3 der Online-Überzeugung bleibt Hans treu: Sei authentisch. Tatsächlich verkleidet er sich nicht in seinen Videos, es gibt keine Kulissen, er sagt immer das, was ihm gerade durch den Kopf geht. Das Ergebnis dieser Authentizität. „Ich wäre gerne so lässig drauf wie Du“, schreiben viele seiner Fans als Kommentare unter die Videos.
Jetzt ist der Facebook-Star gefeiert, doch wer wird sich in einem Jahr noch an ihn erinnern? „Das hängt von ihm ab“, sagt der Hamburger Medienforscher Jan-Hinrik Schmidt. „Es kann sein, dass sein Publikum das Interesse verliert – das passiert, wenn er nur sein Schema beibehält, irgendwas zu erzählen und ab und zu ,so true‘ zu sagen.“ Darum muss sich Hans früher oder später der Regel Nr. 4 der Netzwelt bewusst werden, wenn er weiterhin Erfolg haben will: Erfinde dich immer wieder neu!
 
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