Individual-Sportarten an der frischen Luft erleben derzeit einen Boom. Allen anderen voran das Laufen. Allerdings sollten sowohl Wiedereinsteiger wie Neulinge nicht einfach unbekümmert loslaufen. Denn Laufen ist ein Sport, der eine körperliche Grundfitness erfordert.
Laufen besticht durch seine vielen Vorteile. Es lässt sich einfach in den Alltag integrieren, ermöglicht Sport ohne viel Trainingsgerät, kann an jedem Ort ausgeführt werden und kann unter Einhaltung von Distanz ausgeführt werden. Damit scheint das Laufen gerade in diesen Zeiten deutlich an Zuspruch zu gewinnen. In den Parks und den größeren Grünflächen sieht man scheinbar immer mehr Menschen die das Laufen nutzen, um sich außerhalb der eigenen vier Wände zu bewegen. Die Frage die sich in diesem Zusammenhang nur stellt: Macht laufen wirklich fit, oder braucht es ausreichende Kraft, Koordination, Ausdauerleistungen, um laufen zu können?
Die Faszien müssen (wieder) fit fürs Laufen werden
Betrachtet man die mechanischen Voraussetzungen, die das Laufen von einem Menschen abverlangt, sieht man in Studien, dass das Laufen im Vergleich zum Stehen zum Teil einem sechs-faches der körperlichen Belastung entspricht. Das heißt der Körper muss darauf vorbereitet sein diese Belastung auszuhalten, die insbesondere auf Gelenke, Knochen, Bänder, Muskeln und Faszien einwirkt. Faszien sind eine zusammenhängende Bindegewebe-Schicht und funktionieren wie ein Netzwerk, das den Körper zusammenhält. Darüber hinaus sind sie für die Kraftübertragung sowie für die Energieeinsparung in unseren Bewegungen entscheidend. Außerdem hat diese Struktur wichtige Rückmeldungseigenschaften, die unserem zentralen Nervensystem Informationen liefert, um koordinierte und effiziente Handlungen auszuüben.
Vorsicht bei langer Zwangspause: der Körper verweichlicht in wenigen Wochen
Durch Homeoffice, reduzierte Belastungsmöglichkeiten in der Freizeit und eingeschränkte Bewegungsumfänge hat sich aber der Alltag vieler verändert. Wir bewegen uns noch weniger – als dies der Fall sein sollte. Unser gesamtes System passt sich an dieses „Weniger“ an. Muskeln verändern sich schon nach einer reduzierten Belastung von sechs bis acht Wochen um bis zu 60 Prozent. Dies sieht man besonders extrem nach einer Ruhigstellung beispielsweise durch einen Gips. Ähnliches passiert mit dem Bindegewebe. Es kommt zu einer gesteigerten Steifheit in Sehnen und Bändern und einem reduzierten Wassergehalt zum Beispiel in den Knorpelstrukturen um bis zu 30 Prozent. Der Körper ist also für die hohen Belastungen des Laufens nicht gewappnet. Es kommt zu lokalen Überlastungen, die sich vorwiegende abwärts der Knie zeigen („Runners Knee “ – Überlastung an der Außenseite des Knies, Schmerzen hinter der Kniescheibe, Achillessehnen Überlastungen, Probleme im Bereich des Fußes). Dennoch können sich Beschwerden auch weiter Richtung Rumpf äußern, wie Beschwerden in der Lendenwirbelsäule oder sogar vermehrte Kopfschmerzen.
Drei Tipps für eine behutsame Hinführung zum Laufen:
- spezifisches Krafttraining vor allem mit folgenden Zielen – dynamisches Beinachsentraining und Kräftigung der Füße
- Dynamische Training mit dem eigenen Körpergewicht (ein Vorteil hiervon: gleichzeitiges Dehnen und Kräftigen)
- Zunächst ein Wechsel aus Gehen und Laufen, oder auch nur ausdauerndes schnelles Gehen (beispielsweise Nordic Walking)
Grundsätzlich ist folgendes zu beachten: Eine Anpassung der Koordination und damit der spezifischen Kraftentwicklung für die sportspezifische Belastung dauert sechs bis acht Wochen. Erst danach passen sich Muskelmasse, Bindegewebe und andere Strukturen langfristig an. Sie sollten also etwas Geduld aufbringen, bis der Körper bereit fürs „pure Laufen“ ist.
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