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Hottentotten, Kanaken, Schlawiner: Welche Völker stecken hinter diesen Schimpfwörtern?

Photo: iStock / RalphRenz

Hottentotten, Kanaken, Schlawiner: Welche Völker stecken hinter diesen Schimpfwörtern?

„So ein Schlawiner“, sagen wir häufig, oder: „Hier sieht es ja auch wie bei den Hottentotten!“ Auch als „Kanake“ lässt sich niemand gern bezeichnen. Doch auf welche Völker gehen diese Ausdrücke zurück? Was haben sie verbrochen, dass sie bis heute als Schimpfwort herhalten müssen?

Spielt der Sohnemann seinen Eltern einen Streich, heißt es häufig: „So ein Schlawiner!“ Gemeint ist dann die besonders clevere Art und Weise, wie der Junge etwas ausgeheckt hat. Aber auch im negativen Sinn wird der Ausdruck gebraucht, etwa für unzuverlässige und nachlässige Menschen.

Doch wo der Begriff „Schlawiner“ herkommt, konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden. Manche Forscher vermuten, dass er auf die Slawonier zurückgeht, eine Volksgruppe aus Kroatien. Von dort stammende Hausierer galten früher als gerissene Geschäftemacher.

Manchmal sind es besondere Eigenarten, die einer Volksgruppe ihren zweifelhaften Ruf einbrachten, manchmal aber wurden ihr auch Verhaltensweisen zugeschrieben, die tatsächlich gar nicht zutrafen. Andere Völker wiederum genossen zunächst ein hohes Ansehen, und ihre Namen prägten sich erst später als Beleidigung ein. Barbaren zum Beispiel stellen wir uns – nicht erst seit Arnold Schwarzenegger in dem Film „Conan“ – als ungebildete, grobschlächtige Typen vor, die nicht mit Messer und Gabel umzugehen wissen.

Ursprünglich jedoch wurde der Begriff „Barbar“ schon im antiken Griechenland verwendet, abgrenzend für alle Volksgruppen, die nicht griechisch sprachen und eine andere Kultur pflegten. Die Bezeichnung hatte zunächst keinen negativen Charakter, auch heldenhafte Kämpfer wie Hektor aus Homers „Ilias“ waren Barbaren. Erst gegen Ende der Antike wurde der Begriff zunehmend für als unterlegen betrachtete Kulturen gebraucht.

Zwischen negativem Image …

Völlig rätselhaft scheint zudem, wie sich manche Ausdrücke überhaupt etablieren konnten – denn sie entbehren jeder Grundlage und wurden schlicht aus Unwissen von Generation zu Generation weitergetragen. Wo zum Beispiel chaotische Zustände herrschen, heißt es bis heute: „Hier sieht es ja aus wie bei den Hottentotten!“ Während der Kolonialzeit hatten die Holländer damit Völker des südlichen Afrikas bezeichnet. Es wird vermutet, dass die europäischen Länder sich keine Mühe machten, die sozialen Strukturen der Einheimischen zu begreifen. Alles, was nicht zu ihrem gewohnten Bild von Ordnung passte, galt schlicht als disziplinloses Durcheinander.

Eine ähnliche Entstehungsgeschichte hat die Bezeichnung „Kanake“: Die Kanaken gehören eigentlich zu den Ureinwohnern Neukaledoniens (Bild), einer Inselgruppe im Pazifischen Ozean. Die europäischen Seefahrer jedoch machten es sich damals einfach: Sie nannten einfach sämtliche Inselbewohner außerhalb Europas „Kanaken“. Als Schimpfwort etablierte sich der Ausdruck in Deutschland schließlich für südländisch aussehende Menschen.

… und Realität

Wie weit das Image einer Volksgruppe und die Realität auseinanderklaffen können, zeigt das Beispiel der Vandalen: Wird eine Bushaltestelle demoliert oder ein Mülleimer in Brand gesetzt, spricht man bis heute von Vandalismus.

Dabei waren die Vandalen keineswegs ein schreckliches und zerstörerisches Volk. Vermutlich kommt die Vorstellung daher, dass das Volk im Jahr 455 nach Christus Rom plünderte. Doch mit blinder Zerstörungswut hatte das nichts zu tun – nach ihrem Untergang im Jahr 534 nach Christus hinterließen die Vandalen Kunstschätze, die von einer hoch zivilisierten Kultur zeugen und heute noch in vielen Ausstellungen besichtigt werden können.

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