Welt der Wunder

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Dschungelcamp lässt grüßen: Insekten als Fleischersatz?

Foto: Imago / Westend61

Dschungel-Camp lässt grüßen: Insekten als Fleischersatz?

Tofu-Schnitzel und Soja-Würstchen sind out – vielleicht kreucht und fleucht es bald nur noch in unseren vegetarischen Küchen. Was in asiatischen und südamerikanischen Ländern Tradition ist, kann künftig den übertrieben hohen Fleischkonsum westlicher Länder eindämmen: Insekten-Kost. Stehen „süße Hüpfer“ und „Heuschreckenbounty“ bald ganz oben auf unserer Speisekarte?
Lecker: Gegrillte Heuschrecke
Foto: Imago / Volker Preusser

Lecker: Gegrillte Heuschrecke

Für die meisten Westeuropäer kostet es einige Überwindung, Insekten zu verzehren, aber der Trend hält Einzug in unsere Küchen – wie etwa beim Insekten-Starkoch Frank Ochmann.

Frittierte Skorpione
Foto: Imago / Kai Bienert

Frittierte Skorpione

Frittierte Skorpione stehen in China auf der Tagesordnung. Insekten gelten in vielen Teilen der Welt als ganz normale Lebensmittel und werden als Delikatessen angeboten.

Nicht nur Fleisch liefert wichtige Proteine
Foto: Imago / blickwinkel

Nicht nur Fleisch liefert wichtige Proteine

Die Deutschen essen lieber Fleisch – 42,5 Kilogramm pro Jahr und Kopf. Aber wie lange können wir uns noch auf diese Weise ernähren?

Nährstoffgehalt von Grashüpfern und Rindfleisch
Foto: Katharina Unger

Nährstoffgehalt von Grashüpfern und Rindfleisch

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Bis 2050 soll die Weltbevölkerung auf neun Milliarden anwachsen
Foto: Imago / Ralph Peters

Bis 2050 soll die Weltbevölkerung auf neun Milliarden anwachsen

Bis 2050 steigt der Lebensmittelbedarf nach aktuellen Schätzungen um 70 Prozent. Auf unserer Erde gibt es aber nicht genug Fläche, um doppelt so viel Fleisch zu produzieren wie heute.

Unser Fleischhunger braucht Platz
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Unser Fleischhunger braucht Platz

Auf ein Kilo Fleisch kommen durchschnittlich rund zehn Kilo pflanzliche Nahrung.

Das Ozonloch über dem Atlantik
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Das Ozonloch über dem Atlantik

Die Welt verändert sich durch das Eingreifen des Menschen. Das Ozonloch beispielsweise – eine starke Ausdünnung der Ozonschicht – ist zurückzuführen auf die Nutzung des als einst umweltfreundlich angesehenen Kältemittels FCKW (Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe).

Das Sterben der Arten
Foto: Imago / Jochen Tack

Das Sterben der Arten

Der „Living Planet Index“ des WWF gab im Mai 2008 an, dass die Artenvielfalt auf der Erde zwischen 1970 und 2005 um 27 Prozent gesunken ist. Das Aussterben geht direkt oder indirekt auf menschliche Einwirkungen zurück.

Die globale Erderwärmung
Foto: Imago / blickwinkel

Die globale Erderwärmung

Der menschengemachte Treibhauseffekt lässt nicht nur die Durchschnittstemperatur der erdnahen Atmosphäre ansteigen, sondern auch die der Meere. Die Folgen sind beispielsweise: Meereis- und Gletscherschmelze sowie der damit einhergehende Meeresspiegelanstieg.

Überfischung der Meere
Foto: Imago / CHROMORANGE

Überfischung der Meere

Der menschengemachte Treibhauseffekt lässt nicht nur die Durchschnittstemperatur der erdnahen Atmosphäre ansteigen, sondern auch die der Meere. Die Folgen sind beispielsweise: Meereis- und Gletscherschmelze sowie der damit einhergehende Meeresspiegelanstieg.

Lichtverschmutzung über Tromsö in Norwegen
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Lichtverschmutzung über Tromsö in Norwegen

Lichtverschmutzung bezeichnet die Aufhellung des Nachthimmels durch menschliche Lichtquellen – sie kann störend auf die Flora und Fauna wirken.

Vermüllung der Erde
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Vermüllung der Erde

Ein globales Problem: Kunststoffe vermüllen unsere Umwelt. Fetzen von Plastiktüten in Vogelnestern können beispielsweise die Beine der Tiere einschnüren und verletzen.

Larven als Nahrungsmittel
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Larven als Nahrungsmittel

Laut dem Weltjahresbericht 2012 der UNO sind nahezu 30 Prozent der Fischbestände weltweit überfischt.

„Im ersten Schritt sollten Sie die Flügel und auch die Beine der Maikäfer entfernen.“ So lautet Anleitungsschritt Nummer eins für ein eher ungewöhnliches Rezept: die Maikäfersuppe. Wem jetzt nicht gleich das Wasser im Mund zusammenläuft – keine Sorge. Die Auswahl der Insekten-Küche ist weitaus größer: Mehlwürmer, Grillen, Maden, Heuschrecken oder Soldatenfliegen – alles was das Herz begehrt!

Ekeliges Krabbelzeug …

Was in anderen Kulturen zum Standard-Menü gehört, klingt in den mitteleuropäischen Ohren eher ekelerregend. Dennoch sollte manch einer auch hierzulande mal über den Tellerrand schauen. Das raten unter anderem Vertreter des sogenannten „Anthropozän“-Zeitalters. Denn die gewöhnungsbedürftige Küche ist nicht nur für figurbewusste Menschen ratsam. Die Kost ist sehr nährstoffreich und gilt dank dem hohen Eiweiß- und Protein-Gehalt als perfekter Fleischersatz.

… oder nachhaltig nahrhafter Proteinlieferant?

Und hier verbirgt sich auch die Idee dahinter: Denn der Fleischkonsum der Industrienationen ist in den letzten Jahren enorm gestiegen, was mit einem extremen Ressourcenverbrauch einhergeht. So werden zur Produktion einer tierischen Kalorie je nach Tierart etwa fünf bis dreißig pflanzliche Kalorien verfüttert. Oder anders ausgedrückt: Auf ein Kilo Fleisch kommen durchschnittlich rund zehn Kilo pflanzliche Nahrung.

Doch damit nicht genug – denn der Bedarf an Proteinen wird weiter steigen: Geschätzte neun Milliarden soll die Weltbevölkerung im Jahr 2050 erreicht haben – fast zwei Milliarden mehr als in 2014. Laut der Food and Agriculture Organization (FAO) könne dieser Entwicklung mit dem ressourcenschonenden Verzehr von Insekten begegnet werden.

Die Erde ist „menschgemacht“

Und was hat das Ganze nun mit dem sogenannten „Anthropozän“ zu tun? Der Begriff kommt aus dem Griechischen und heißt übersetzt „das menschgemachte Neue“. Er beschreibt ein neues Erdzeitalter, in dem der Mensch auf die Natur einwirkt. In Zahlen heißt das beispielsweise, dass drei Viertel des festen Landes nicht mehr ursprünglich, also unangetastet, sind, sondern vom Menschen umgestaltet wurden.

Dass der Mensch überall seine Finger im Spiel hat, muss aber nicht per se schlecht sein. Klar – es ist nicht von der Hand zu weisen, dass er verantwortlich ist für die globalen Probleme der Zeit, wie etwa Überfischung, Vermüllung und Luftverschmutzung. Oder, um beim Beispiel des exzessiven Fleischkonsums zu bleiben: Der Mensch hinterlässt schädliche Spuren, indem er in natürliche Ökosysteme eingreift, um etwa Raum für Ackerland und Viehweiden zu schaffen.

Zeitalter der Menschen: Ein Nehmen und Geben

Gemäß dem Anthropozän-Denken ist der Mensch aber eben auch als Teil der Natur zu sehen. Er nimmt nicht nur, sondern er kann durch sein Handeln auch Positives zurückgeben. „Der Mensch muss Räume schaffen, in denen sich die Natur erholen kann“, sagt Reinhold Leinfelder, Professor für Paläontologie und Geobiologie an der Freien Universität in Berlin.

Wie so etwas aussehen kann, zeigt die Studentin Katharina Unger. Um der gefürchteten Nahrungsmittelkrise entgegenzusteuern, hatte sie die außergewöhnliche Idee, eine Proteinmaschine für den Eigenbedarf zu konstruieren. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit baute sie einen Insektenbrutkasten zur Aufzucht von schwarzen Soldatenlarven als Fleischersatz. Sie selbst hat sich sogar diesem Selbstversuch unterzogen und Gefallen daran gefunden. Ihr Lieblings-Rezept: das Tomaten-Larven-Risotto.

Weniger, bewusster, gesünder

Aber keine Sorge. Noch ist es nicht soweit, dass Insekten komplett die Fleischgerichte ersetzen sollen. Es ist eher als Statement zu sehen: ein Statement, um Alternativen aufzuzeigen. Natürlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich durch sein persönliches Verhalten aktiv einzubringen – bzw. der Natur zurückzugeben, was man ihr genommen hat. Beispielsweise durch Müllvermeidung und –wiederverwertung oder eben durch eine bewusste Ernährungsweise. Sich mit dem Gedanken an den „knusprig nussigen“ Fleischersatz anzufreunden, schadet sicherlich nicht – wer weiß, wann er zu unserem Standard-Menü gehört …

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