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ICOs: Licht und Schatten virtueller Börsengänge

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ICOs: Licht und Schatten virtueller Börsengänge

Der Gesamtwert aller Kryptowährungen liegt aktuell bei 185 Milliarden Dollar (Stand: 1.11.2017) – fünfmal so viel wie noch zu Jahresbeginn. Der neueste Trend in der Szene sind die sogenannten ICOs (Initial Coin Offerings). Bei diesen virtuellen Börsengängen geben Unternehmen keine Aktien, sondern sogenannte Token heraus. Doch wie hoch sind die Risiken wirklich und was müssen Investoren beachten?

Initial Coin Offering (ICO) – so heißt das neue Finanzierungsmodell in der Welt der digitalen Währungen. Firmen generieren Kapital über Investitionen mehrerer Anleger – ähnlich wie Crowdfunding. Beim ICO erkaufen sich die Anleger mit Fiatgeld (z.B. Euro oder Dollar) oder einer anderen Kryptowährung (z.B. Bitcoin) die digitale Währung, die von der finanzierten Firma neu emittiert wurde. Dabei kann es sich um Utility Token oder Security Token handeln.

Die Anleger kaufen also Kryptowährung, deren Gegenwert streng genommen zu diesem sehr frühen Zeitpunkt noch gar nicht existiert. Denn erst, wenn das Projekt Erfolg hat, steigt der Wert des Tokens. Damit potenzielle Anleger einschätzen können, ob die Anlage profitabel und zukunftsfähig ist, fasst das Unternehmen sein Projekt in Form eines „White Papers“ zusammen, einer Art Ideensammlung und Projektbeschreibung. So soll in erster Linie eine Community entstehen, die von der Idee überzeugt ist und das Vorhaben mit ihrer Investition unterstützt. Außerdem legt das Dokument fest, wie viele Token an die Investoren höchstens verteilt werden und welcher Teil der Finanzierung des Geschäftsmodells gilt.

Das sollten ICO-Investoren beachten

Allerdings gibt es auch schwarze Schafe unter den ICOs. Das kommt vor allem daher, dass die Technologie, die dahinter steckt, für Laien meist unverständlich ist. Außerdem fehlen Vorschriften und Regularien, die Betrug evtl. verhindern könnten. Selbst Wolf of Wall Street Jordan Belfort, der selbst wegen Wertpapierbetrugs- und Geldwäsche im Gefängnis saß, warnte erst kürzlich vor Krypto- Börsengängen – auch wenn der Großteil ehrliche Absichten verfolgt, drohe aufgrund der paar schwarzen Schafe ein Desaster. In der Tat laufen Ermittlungen gegen einige Unternehmen. Doch das sind eher Ausnahmen. Wer in ICOs investieren möchte, sollte sich also vorher mit dem Projekt befassen und sich einige Fragen beantworten:

  • Welches Unternehmen und welche Personen stecken hinter dem Projekt?
  • Ist das Geschäftsmodell in sich schlüssig und einzigartig?
  • Kann mit diesem Modell Geld verdient werden?
  • Ist die technische Infrastruktur ausreichend gewährleistet und sicher / Wer übernimmt die technische Umsetzung? 
  • Reichen die finanziellen Mittel der Akteure aus, um das Projekt zu finanzieren?
  • Welche Währung akzeptiert der ICO für den Tausch in Token?
  • Was kann ich mit der neuen Währung anfangen?
  • Hat das Projekt einen gesellschaftlichen Nutzen?
  • Welche bekannten Akteure investieren bereits in das Projekt bzw. gibt es prominente Advisors, die die Unternehmung unterstützen?
  • Auf welchen Zeitraum ist das Projekt angelegt?
  • Gibt es ein offizielles Wallet (digitale Geldbörse) für die neue Währung?

Doch selbst, wenn man nach der Analyse der obigen Kriterien sein Investitionsobjekt als vertrauenswürdig einstuft: Finanzexperten betonen immer wieder, dass das Geschäft mit Kryptowährungen generell ein hohes Risiko birgt. Zwar können die Kurse von neuen Währungen innerhalb kürzester Zeit ins Unermessliche steigen, aber auch das Gegenteil kann passieren – so ist es nicht unwahrscheinlich, dass man sein ganzes Kapital innerhalb von einem Tag verlieren kann. 

Trotzdem wagen immer mehr Anleger – darunter auch viele Laien –, ihr Geld in verschiedene ICOs zu investieren. Alleine im Jahr 2017 waren das in der Summe über 3 Milliarden US-Dollar (Quelle: https://www.coinschedule.com/stats.php; Stand 09.11.2017). So verwundert es kaum, dass es neue ICOs geradezu wie Pilze aus dem Boden sprießen. Über 200 ICOs gibt es mittlerweile schon – Tendenz steigend. 
ICOs: Licht und Schatten virtueller Börsengänge
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Staatliche Regulierungen

Während traditionelle Kapitalmärkte diversen Regulierungen unterliegen, gibt es diese für ICOs bisher nicht – zumindest nicht flächendeckend. Anfangs haben sich staatliche Behörden eher zurückgehalten, mittlerweile schreiten aber immer mehr Länder ein, um das System besser zu kontrollieren. Eine kleine Übersicht: 

Japan
  • Kryptowährungen sind als Zahlungsmittel zugelassen und werden im Einzelhandel sogar gefördert
  • Die japanische Börse Bitflyer ist die größte Bitcoin-Tauschstelle der Welt
  • Seit Oktober müssen japanische Kryptowährungen Mindestbedingungen einhalten
  • In Planung: JCoin, eine eigene japanische Kryptowährung (2020)
China
  • Regulierungsbehörden verbieten Anfang September 2017 ICOs und schließen bestehende Handelsplattformen
  • Grund dafür ist die Sorge, dass der Bitcoin illegale Geschäfte ermöglicht und Anleger Kapitalverkehrskontrollen umgehen könnten
  • In Zukunft sollen Lizenzen für virtuelle Marktplätze vergeben werden
  • Die Währung Bitcoin ist weiterhin erlaubt
Korea
  • Ebenso wie China hat Südkorea im September 2017 die Ausgabe neuer Währungen über ICOs beschränkt
  • Bisherige Kryptowährungen bleiben weiterhin bestehen
Russland
  • Auch Russland möchte zunächst Kryptowährungen regulieren 
  • Der Handel mit digitaler Währung soll allerdings grundsätzlich möglich sein und sich an bestehender Gesetzgebung orientieren
Schweiz
  • Krypto-Valley: Hier können Start-ups für ihre Projekte echtes Geld in virtuelles umwandeln
  • Finanzaufsicht hat angekündigt, die ICOs genauer unter die Lupe zu nehmen, um betrügerische Absichten aufzudecken.
Deutschland
  • Virtuelle Währungen werden in Deutschland als „privates Geld“ akzeptiert – sie gelten nicht als gesetzliches Zahlungsmittel
  • Jeder darf sie als Tauschmittel nutzen, elektronisch übertragen, verwahren oder handeln, jedoch nicht gewerblich
USA: 
  • Regulierung gibt es in Amerika bisher nur in New York: Jeder, der mit Kryptowährungen handelt, braucht eine Lizenz. Nicht davon betroffen sind diejenigen, die das digitale Geld nur kaufen.
  • Weitere Vorschriften sollen Geldwäsche verhindern, z.B. indem jeder identifiziert werden muss, der hohe Summen an Geld überweist
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