
„Diese Menschen sind nicht verrückt“
Sie hören Stimmen ohne Sprecher und Geräusche ohne erkennbare Quelle. Sie sehen Gespenster auf Fotos oder vorbeihuschende Dämonen aus den Augenwinkeln. Sie beobachten, wie sich Gegenstände ohne äußere Einwirkung bewegen oder wissen schon in der Nacht zuvor, dass am nächsten Tag etwas Schlimmes passieren wird. Die Berichte, mit denen Dr. Walter von Lucadou und seine Mitarbeiter täglich konfrontiert werden, würden so manchen anderen Zuhörer am Geisteszustand der Erzähler zweifeln lassen. Doch Lucadou ist sich sicher: „Diese Menschen sind nicht verrückt.“

Der Teufel steckt im Detail
„Ob Geister von Verstorbenen, Aliens, Teufel oder Dämonen – all diese Bilder versuchen seit alters her zu erklären, was wir nicht verstehen“, sagt Lucadou. „Früher dachte man beispielsweise, für den Donner sei ein Donnergott verantwortlich. Heute wissen wir, dass es sich um ein akustisches und elektrisches Phänomen handelt.“ Lucadous Ziel: die Mechanismen aufdecken, die hinter dem vermeintlich Übersinnlichen stehen.

Grenzgebiete der Wissenschaft
Nach den Regeln der klassischen Wissenschaft gilt etwas nur als erwiesene Tatsache, wenn man es kontrolliert wiederholen kann. Das erschwert es, parapsychologische Phänomene zu beweisen, da es ihr Wesen ist, spontan aufzutreten. „Wenn man sich an diese Definition von Beweisbarkeit hält, schränkt man die Erklärung der Welt dramatisch ein“, sagt Walter von Lucadou. „Den Menschen passieren nachweislich solche Dinge und sie wollen dafür eine Erklärung.“ Die Geister und Dämonen alter Zeiten ersetzt Lucadou mit der Theorie der Verschränkungsmechanismen zwischen dem Mensch und seiner Umwelt. Mit dem von ihm erarbeiteten Spukmodell will er ungewöhnliche Phänomene nicht nur im Nachhinein erklären, sondern auch voraussagen, in welchen Stufen ein Spuk verläuft. Das Modell ist praxisbewährt, so der Forscher. Seine Erkenntnisse entlasten ängstliche Hilfesuchende. „Wer versteht, wie so etwas funktioniert, hat keine Angst mehr davor, dass ein Dämon das Geschehen lenkt.“

Jeder Dritte hat Übersinnliches erlebt
„Menschen, die Wahrträume, Spuk oder Telepathie erleben, sind nicht etwa die Ausnahme“, ist Lucadou überzeugt. „Auf die Frage, ob sie derartiges bereits selbst erlebt haben, antworten laut repräsentativen Umfragen fast zwei Drittel mit ja“, sagt der Parapsychologe. Das bedeutet allerdings nicht, dass jedermann deshalb an Gespenster glaubt. Viele erklären sich derartige besondere Erlebnisse auch mit Zufall.

Psychologische Beratung ist kein Hexenwerk
In Deutschland ist sie einzigartig – doch wer als Residenz der Parapsychologischen Beratungsstelle ein historisches Geisterschloss erwartet, wird bereits am Eingang enttäuscht: Das Gebäude in Freiburg im Breisgau ist modern und fällt im Stadtbild nicht weiter auf. Auffällig dagegen sind die Erlebnisse der Anrufer und Besucher, die sich hilfesuchend an Dr. rer. nat. Dr. phil. Walter von Lucadou und sein Team wenden.

Telefonhotline für spirituelle Störungen
Rund 3000 Anfragen pro Jahr verzeichnet die Parapsychologische Beratungsstelle. „Das Telefon klingelt bei uns von früh bis spät“, sagt Walter von Lucadou. Dazu kommen E-Mails und persönliche Beratungsgespräche. „Die häufigsten Fälle kreisen um Vorahnungen, Wahrträume, Erscheinungen und Spuk. Auch das ‚Verhexungssyndrom‘ kommt oft vor. Betroffene empfinden sich dabei als Opfer schwarzer Magie.“ Die Zahl der Menschen, die von derartigen Ereignissen berichten, ist in den letzten Jahren gleich geblieben, doch verändert hat sich laut Lucadou der Umgang damit: „Die Leute sind heute eher bereit, über das Erlebte zu berichten und haben weniger Angst, wir würden sie für verrückt erklären.“

Übersinnlich und bei Sinnen
Lucadou wehrt sich mit Bestimmtheit gegen das Klischee, wer an Geister glaubt, sei geistig verwirrt. „Das Gegenteil ist der Fall“, sagt der Experte. „Diese Menschen sind empfänglicher als andere. Sie sind nicht psychisch gestört, sondern haben anderen eher etwas voraus, was ihre Verschränkung mit der Umgebung angeht.“ Auffallend oft seien diese Menschen auch gesünder - sowohl psychisch als auch körperlich.