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Sternschnuppen: Vom Götterboten zum physikalischen Phänomen

Foto: iStock / cjwhitewine

Sternschnuppen: Vom Götterboten zum physikalischen Phänomen

Ob göttliches Zeichen oder Teufelsstein – um Meteore und Meteoriten rankten sich Jahrhunderte lang mystische Spekulationen. Auch heute, da der Mensch ihren Ursprung kennt und Sternschnuppenströme sogar voraussagen kann, hat sich ihr Zauber erhalten.

Ob göttliches Zeichen oder Teufelsstein – um Meteore und Meteoriten rankten sich Jahrhunderte lang mystische Spekulationen. Auch heute, da der Mensch ihren Ursprung kennt und Sternschnuppenströme sogar voraussagen kann, hat sich ihr Zauber erhalten.

Was am Himmel so großspurig einen Leuchtstreifen zieht, ist oftmals winzig klein: Schon Weltraumkörnchen von einem Gramm Masse verursachen bei ihrem Eintritt in die Erdatmosphäre eine Sternschnuppe. Wie diese entstehen, hat der Mensch mittlerweile naturwissenschaftlich erforscht, das Geheimnis um Meteore und Meteoriten ist gelüftet. Und dennoch bleibt der Brauch, sich beim Anblick des nächtlichen Leuchtens etwas zu wünschen. Wie gut, wenn man da weiß, wann die Schnuppen in Strömen fallen …

Das Wort Sternschnuppe stammt vom mittelalterlichen Wort „snuppen“ (putzen). „Schnuppe“ bezeichnete zunächst das verkohlte Ende eines Kerzendochtes, das beim Putzen von Talglichtern noch glühend zu Boden fiel. Die leuchtende Himmelserscheinung sah ähnlich aus, weshalb die Menschen glaubten, ein Stück Abfall sei vom Stern „weggeputzt“ worden – eine Stern-Schnuppe. Nach Deutungsansätzen des Mittelalters waren Sternschnuppen Vulkanauswürfe oder feste Bestandteile der Erdatmosphäre.

Aberglaube um die „Götterboten“

Das 18. Jahrhundert dann sah die „schießenden Sterne“ in engem Zusammenhang mit dem Tod eines Menschen: Man glaubte, dass Gott bei der Geburt eines Menschen einen Stern an den Himmel setze, den er bei dessen Tod wieder herunterfallen lasse. Fand man einen Meteoriten, galt er zum Teil sogar als Teufelsstein. Die Menschen lagerten ihn angekettet in Kirchen, damit er kein Unheil anrichten konnte.

Viel positiver waren Meteoriten im Altertum besetzt. Die Griechen betrachteten das himmlische Gestein als Zeichen oder Geschenk der Götter. Sie gaben ihm deshalb den Namen „Götterbote“ und bewahrten es, wie es göttlichen Dingen gebührt, an heiligen Orten auf.

Auch als die Menschen im 19. Jahrhundert dem kosmischen Ursprung der Schnuppen auf die Spur kamen, blieb ein Teil des überirdischen Zaubers erhalten: Es entstand der Brauch, sich beim Anblick eines Meteors etwas zu wünschen. Manche Historiker deuten dies als den Versuch, die kalte, rationale Welt der Frühindustrialisierung mit ein wenig Phantasie, Magie und Trost zu füllen. Der Brauch hat sich bis heute gehalten. Damit der Wunsch aber wahr wird, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: Man darf ihn nicht laut aussprechen und muss ihn zu Ende gedacht haben, solange die Sternschnuppe leuchtet.

Jährliche Leuchtkaskaden aus dem All

Zwar fallen Sternschnuppen das ganze Jahr über, in bestimmten Zeiträumen treten sie jedoch gehäuft auf. Der Grund hierfür sind Meteorströme. Sie entstehen aus Kometen, die in den sonnennahen Abschnitten ihrer Umlaufbahn oft große Mengen an Meteoroiden freisetzen. Diese Teilchenwolken folgen dem Ursprungskometen auf nahezu parallelen Bahnen. Wenn die Erde auf ihrem Jahreslauf eine solche Kometenbahn kreuzt, stürzen zahlreiche Meteoroiden in ihre Atmosphäre und verursachen einen Meteorstrom. Da die Erde nach einem Jahr erneut dieselbe Position durchläuft und auch die Kometen sich auf regelmäßigen Bahnen bewegen, wiederholen sich die Sternschnuppenströme periodisch.

Die Meteoroiden eines Kometen fliegen parallel zueinander durchs All, was zu einem erstaunlichen perspektivischen Effekt führt: Wer einen Meteorstrom beobachtet, hat den Eindruck, als kämen alle Sternschnuppen aus einem Punkt des Himmels. Ganz ähnlich sieht es aus, wenn man mit dem Auto durch einen Schneesturm fährt und die Schneeflocken auf die Windschutzscheibe zurasen. Bei einem Meteorstrom nennt man diesen Punkt Radiant. Ihre Bezeichnung erhalten Sternschnuppenströme nach dem lateinischen Namen des Sternbildes, in dem ihr Radiant liegt.

Meteoroid, Meteor und Meteorit

Der Raum zwischen der Sonne, unseren neun Planeten und ihren Monden ist nicht leer. In den Weiten unseres Sonnensystems fliegen zahllose Gesteinsbrocken umher, zu denen Meteoroiden, aus Eis bestehende Kometen sowie Asteroiden oder Kleinplaneten gehören. Meteoroiden nennt man Objekte, die größer sind als einzelne Moleküle, jedoch kleiner als Asteroiden. Die meisten wiegen nicht einmal ein Gramm und sind so groß wie ein Staubkörnchen.

Kometen und Asteroiden setzen fast ununterbrochen Meteoroiden frei. Sie kollidieren oder geben in Sonnennähe Gase ab, die kleine Materie-Teilchen mitreißen. Diese Teilchen rasen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 70 Kilometer pro Sekunde durchs Weltall. Manche dringen dabei in die Erdatmosphäre ein. Besitzt der Meteoroid mindestens Sandkorngröße, erzeugt er bei seinem Eintritt in die Erdatmosphäre eine Sternschnuppe, die die Astronomen als Meteor bezeichnen.

Bisher erklärten Wissenschaftler das Leuchten damit, dass die Teilchen durch die enorme Luftreibung in der Atmosphäre verglühen. Da die Luft dort allerdings viel zu dünn für einen so großen Reibungswiderstand ist, ist diese Erklärung nicht richtig. Vielmehr übertragen die Meteoroiden einen Teil ihrer Bewegungsenergie an die umgebenden Luftatome. Diese geben die Energie in Form von Licht und Wärme wieder ab. Ist ein Meteoroid so groß, dass er beim Eintritt in die Atmosphäre nicht völlig verglüht, sondern als Gesteinsbrocken auf der Erde aufschlägt, nennen ihn die Astronomen Meteorit.

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