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Parfüm: Wie die verführerischen Düfte entstehen

Foto: imago / United-Archives

Parfüm: Wie die verführerischen Düfte entstehen

Sie betören, berauschen, verführen: Parfüms haben eine unwiderstehliche Wirkung und erfreuen sich großer Beliebtheit. Tag für Tag suchen Parfümeure nach dem neuen ultimativen Duft.
Gerüche sind kompliziert: Was uns als angenehmer Duft in die Nase steigt, ist eine Mischung aus hunderten verschiedenen Geruchsmolekülen. Parfümeure sind in der Lage, aus einer solch großen Anzahl duftender Einzelkomponenten ein flüssiges Gemisch herzustellen, das seinem Träger eine charakteristische Note verleiht und dessen Mitmenschen betört. Aber wie ist es überhaupt möglich, einen Duft aus Rosen oder Erdbeeren zu gewinnen? Und nach welchen Regeln werden später die einzelnen Komponenten zusammengemischt? Wer hat das Parfüm erfunden? Und wie reagiert unser Gehirn auf die verführerischen Düfte?
 
Schon seit Urzeiten bedienen sich Menschen der Magie der Düfte. Bekannt ist, dass die alten Ägypter bereits vor mehr als 5.000 Jahren Gewürze und Harze zu Ehren des Sonnengottes Ra verbrannten. Außerdem stellten sie Duftöle her, um damit ihre Toten zu balsamieren. Solche angenehmen Düfte galten als Zeichen des Lebens und übertünchten den beißenden Leichengeruch. Außerdem wurden Salben, Öle und Pomaden aus Zitrone, Anis, Myrre und anderen wertvollen Essenzen für medizinische und kosmetische Zwecke verwendet. Die Öle wirkten entzündungshemmend auf die Haut und machten sie zusätzlich geschmeidig und glänzend.

Wohlriechender Rauch

Der Begriff Parfüm leitet sich aus dem lateinischen „per fumum“ ab, was so viel bedeutet wie „durch den Rauch“. So wurde in der katholischen Kirche seit jeher Weihrauch als Opfergabe verbrannt und gilt noch heute in der Liturgie als Zeichen der göttlichen Verehrung. In der Bibel verheißt der Psalm 141 im Buch der Offenbarung: „Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet zu dir auf“. Der Geruch des Weihrauchs soll gleichzeitig den Wohlgeruch Gottes symbolisieren.
 
Vom Vorderen Orient aus verbreiteten sich die betörenden Düfte über die ganze Welt. Die Erfindung der Destillation durch die Araber machte seit dem 8. Jahrhundert die Herstellung von Parfüm, wie wir es heute kennen, möglich. Allerdings waren die frühen Parfüms sehr schwer und dienten meist dazu, üble Gerüche zu übertünchen. Sie wurden im Mittelalter sogar als Heilmittel gegen die Pest eingesetzt, da man glaubte, die Seuche werde durch Gestank übertragen. Erst im 19. Jahrhundert entwickelte sich Parfüm zum Luxusartikel und wurde nun auch von Modeherstellern wie Chanel als Statussymbol auf den Markt gebracht.

Wie Duftstoffe gewonnen werden

Mehrere Verfahren können angewendet werden, um Früchten, Blüten, Gewürzen, Hölzern oder Kräutern ihren Duft zu entziehen. Die Enfleurage ist eine der ältesten Methoden zur Duftstoffgewinnung, allerdings kommt sie heute nicht mehr zum Einsatz. Die Düfte der Rohstoffe – etwa von Blüten – werden hierbei von tierischen Fetten absorbiert. Dazu legt man die frisch gepflückten Blüten auf geruchloses Schweinefett, das die Duftstoffe aufsaugt. Am Ende wird das mit Duft durchtränkte Fett in Alkohol gewaschen, um die Essenz wieder vom Fett zu trennen.

Bei der ältesten Methode, der Destillation, werden die Blütenblätter in riesige Kessel gefüllt und gekocht, dabei löst sich das ätherische Öl aus den Blüten. Der aufsteigende Wasserdampf wird anschließend abgekühlt und in einem Behälter aufgefangen. Hier trennen sich Wasser und Öl wieder. Denn das ätherische Öl hat eine geringere Dichte als das Wasser und schwimmt deshalb oben. Man benötigt etwa eine Tonne Blüten, um einen Liter Parfümöl zu gewinnen. Der Preis pro Liter liegt deshalb auch bei bis zu 50.000 Euro.

Duftentzug durch Lösungsmittel

Die am häufigsten angewendete Methode ist die Extraktion. Hier wird den Rohstoffen der Duft mit einem Lösungsmittel entzogen. Dieses wäscht in riesigen Kesseln ätherische Öle und Pflanzenwachse aus den Blüten heraus. Zusammen bilden sie eine salbenartige Masse. Diese muss jetzt noch mit Alkohol gewaschen werden, um die Wachse wieder zu lösen und so das reine Öl zu erhalten, die „essence absolute“.

Mithilfe der verschiedenen Parfümöle versuchen Parfümeure außergewöhnliche Düfte zu kreieren. Die Ausbildung zum Parfümeur kann, je nach Firma, bis zu sechs Jahre dauern. Sein wichtigstes Instrument ist die Nase. Mit ihr versucht er die richtige Zusammensetzung der einzelnen Komponenten zu erschnüffeln. Millionen verschiedener Kompositionen sind möglich, aber nur wenige haben das gewisse Etwas, das auf Dauer Anklang findet.

Bis zu 600 Einzeldüfte

Dabei muss der Parfümeur wissen, welche Düfte zusammen harmonieren – etwa Rosenduft mit Erdbeere, welche Düfte sich aufheben, sich beißen oder wie eine Komposition auf die Haut wirkt. Ein Parfüm muss aus mindestens zwölf und kann aus bis zu 600 verschiedenen Einzeldüften bestehen.

Bei jedem Parfüm gibt es eine Kopf-, Herz- und Basisnote. Die Kopfnote besteht aus leichten, fruchtigen Düften, die man als erstes riecht, die aber auch am schnellsten verfliegen. Die Herznote bestimmt den Charakter des Parfüms, wie zum Beispiel Lavendel oder Rosen, die Basisnote dagegen ist die Grundlage eines Parfüms und wird aus schweren, langanhaltenden Düften gebildet wie zum Beispiel Moschus oder Sandelholz.

Parfüm, so wie wir es kennen, besteht zum Teil aus Duftölen und zum größten Teil aus Alkohol. In Eau de Parfüm sind 12 bis 15 Prozent Parfümöl enthalten, der Rest ist Alkohol. Eau de Toilette besteht sogar nur zu vier bis acht Prozent aus Parfümöl. Von der Idee zu einem neuen Parfüm bis zum Flakon im Kaufregal können bis zu drei Jahre an kreativer Arbeit vergehen.

Wie wir riechen

Ein Duft löst sofort Erinnerungen und Emotionen in unserem Gehirn aus. Aufgenommen werden die Geruchsmoleküle über die Nase. Hier docken sie an die Härchen der Riechzellen an, die in die Nasenschleimhaut ragen. Bis zu 10.000 verschiedene Gerüche kann unsere Nase unterscheiden. Dagegen ist der menschliche Geschmackssinn mit seinen fünf Geschmacksrichtungen geradezu unterentwickelt.

An den Riechzellen löst das Geruchsmolekül sofort einen elektrischen Impuls aus. Dieser wird über den Riechkolben, der sich direkt oberhalb der Nasenwurzel befindet, an das Gehirn weitergeleitet. Zum einen an das limbische System, einem sehr alten Gehirnareal. Hier löst der Impuls sofort ein Gefühl aus, je nach Geruch Erregung, Angst oder Ekel. Gleichzeitig beschwört der Duft längst vergangene Bilder herauf. Zum anderen geht der Impuls an das Riechhirn in der Großhirnrinde. Hier kann der Duft zugeordnet und identifiziert werden, etwa als Geruch von Rosen oder von Schweiß.

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