Welt der Wunder

Nicht glauben, sondern wissen

Warum in jedem ein Gedächtniskünstler steckt

Foto: Imago / Westend61

Warum in jedem ein Gedächtniskünstler steckt

Manche Menschen können sich in Minutenschnelle hunderte Gesichter oder Telefonnummern merken. Zu solchen Gedächtnisleistungen ist jeder fähig.
Eigentlich sind die Meister des Denksports, die vor großem Publikum ihr Können präsentieren, nicht schlauer als jeder andere. Sie haben auch keine ungewöhnliche Begabung. Vielmehr stecken Technik und Übung hinter ihren faszinierenden Fähigkeiten – und das ist großartig. Denn es bedeutet, dass jeder Mensch zum Superhirn werden kann.

Klimmzüge für die grauen Zellen

Unser Gedächtnis ist wie ein Muskel: Mit entsprechender Übung funktioniert es besser und leistet mehr. Marathonläufer zum Beispiel schaffen die 42 Kilometer auch nicht auf Anhieb. Doch mit dem richtigen Training gelingt ihnen schließlich das, was anfangs unmöglich erschien. Und es ist nicht nur beeindruckend, die Zahl Pi und ihre 58 Nachkommastellen mal eben herunterrattern zu können. Ein fittes Gehirn ist auch gesund: Wer seine grauen Zellen regelmäßig trainiert, lebt länger. Mit sogenannten Mnemotechniken kann jeder seiner Hirnleistung auf die Sprünge helfen. „Mneme“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Gedächtnis“ – und tatsächlich werden die Techniken bereits seit der Antike benutzt. Sogar Cicero schrieb über die cleveren Übungen und ihre Effekte, mit denen sich beispielsweise lange Gedichte problemlos rezitieren lassen.

Schritt für Schritt zum Gedächtniskünstler

Anfängern erscheinen die meisten Mnemotechniken zunächst kompliziert. Das liegt daran, dass ihnen ein komplexes Merksystem zugrunde liegt, das erst gelernt werden muss – wie eine Sprache. Erste Schritte, wie sich zum Beispiel Gesichter und Namen, Geburtstage oder Kreditkartennummern besser merken lassen, können aber auch Laien problemlos schaffen.
  • Es klingt abgedroschen, aber nichts ist für eine gute Gedächtnisleistung wichtiger als Ruhe. Vielen Quizshow-Kandidaten fällt im Fernsehen vor Aufregung Dinge nicht ein, die sie eigentlich wissen. Auch wer müde ist, zu wenig getrunken oder etwas Schweres gegessen hat, kann sich Dinge schlechter merken.
  • Für erste Gedächtnisübungen eignet sich ein logisch aufgebauter Text. Denn: Was das Gehirn in einen sinnvollen Zusammenhang einordnen kann, wird leichter behalten. Wer als Leser eine aktive, kritische Position einnimmt, Fakten hinterfragt, kann sich den Inhalt insgesamt besser merken.
  • Beim Lernen möglichst viele Sinne nutzen, denn dadurch werden mehr Bereiche im Gehirn aktiv und die Gedächtnisleistung größer. So kann es hilfreich sein, einen Absatz laut vorzulesen, beim Lernen umherzugehen oder ein Gefühl mit dem Text zu verbinden.
  • 753 – Rom schlüpft aus dem Ei! Mit Eselsbrücken, zum Beispiel Reimen, Rhythmen und Bildern, lassen sich selbst abstrakte Geschichtszahlen einprägen. Der Grund: Unser Gehirn arbeitet assoziativ und kann sich Bilder besser merken.
  • Eine andere Möglichkeit, wie sich Zahlen behalten lassen, ist, nach bekannten Kombinationen Ausschau zu halten. Enthält eine Zahl zum Beispiel ein Geburtsdatum, Alter, Schuh- oder Körpergröße? Steckt eine Rechenaufgabe darin? Wenn nicht, hilft es, Zahlenpaare zu bilden und nach einem besonderen Rhythmus oder Muster zu suchen.
  • Mit komplexeren Mnemotechniken lassen sich auch zusammenhanglose Begriffe gut merken. Eine von ihnen ist die sogenannte Routenmethode, mit der sich beispielsweise Einkaufslisten einprägen lassen. Stellen Sie sich dazu eine bekannte Strecke vor, etwa Ihr Weg zur Arbeit. Verknüpfen Sie dann die einzelnen Punkte auf Ihrer Einkaufsliste mit Punkten auf dieser Route. Etwa: Auf der Türschwelle ist es rutschig, weil Öl ausgelaufen ist. Die Wand im Treppenhaus ist zitronengelb gestrichen. Im Supermarkt gekommen, gehen Sie die Route Punkt für Punkt nach.
  • Für Namen und Gesichter ist es hilfreich, nach einem auffälligen Merkmal Ausschau zu halten, zum Beispiel ein Schnurrbart. Überlegen Sie sich dann ein Bild, das den Namen und das auffällige Merkmal enthält. Zum Beispiel: Martin Reiter – ein Pferd zupft den Mann an seinem Schnurrbart. Je skurriler das Bild ist, desto besser.
Und zuletzt: Üben, üben, üben! Auch wer fit im Kopf bleiben will, muss regelmäßig trainieren. Und kleine Aufgaben finden sich immer: die Namen der Leute im Haus, die Handynummern der Freunde und mehr.
Welt der Wunder - Die App

Kostenfrei
Ansehen