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Augen in der Dunkelheit
Ein Unfall stellt Morris Franks Leben auf dem Kopf: Er erblindet mit 16 Jahren. Damals ein scheinbar aussichtsloser Zustand. Als er jedoch erfährt, dass in Europa Blindenhunde ausgebildet werden, schöpft er neue Hoffnung: Er reist nach Europa und kehrt mit „Buddy“ zurück. Die Deutsche Schäferhündin verhilft ihm wieder zu mehr Unabhängigkeit und schenkt ihm seine Lebensfreude zurück. Morris ist der erste Amerikaner, der mit einem Blindenhund zusammenlebt. Wie er lernt, seinen Hund zu führen, und wie er gegen rechtliche Hürden ankämpft – das zeigt der Kinofilm aus dem Jahr 1984 „Augen in der Dunkelheit“.
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Antike Idee
„Buddy“ war nicht der erste vierbeinige Helfer. Der Gedanke, dass Hunde Gefährten für blinde Menschen sein können, zeigt ein antikes Wandgemälde aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Die erste systematische Ausbildung der Assistenzhunde fand jedoch viel später statt: Etwa um 1780 im Pariser Blindenhospital „Les Quinze-Vingts“.
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Aus der Not geboren
Auch nach dem ersten Weltkrieg stieg der Bedarf an Blindenführhunden rasant an. Denn der Krieg hatte seinen Tribut gefordert: Mehr als 3.000 Soldaten verloren in Folge von Giftgasen, Schussverletzungen und Explosionen ihr Augenlicht. Deshalb eröffnete 1916 der „Deutschen Verein für Sanitätshunde” die erste Blindenführhundeschule der Welt – und zwar im beschaulichen Oldenburg in Niedersachsen. Vor allem Verwundeten-Suchhunde aus Kriegszeiten (Bild) wurden anfangs zu Blindenführhunden umgeschult.
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Internationales Vorbild
Im Oktober 1916 übergab die Oldenburger Schule den ersten Vierbeiner an den Veteranen Paul Feyen. Schon sieben Jahre später gründete der „Deutsche Schäferhundeverein“ die zweite Führhundeschule in Potsdam. Diese sorgte auch in anderen Ländern für Aufsehen. Die amerikanische Journalistin Dorothy Harrison Eustis machte die Idee sogar mit einem Zeitungsartikel auch in den USA populär. Sie war es auch, die 1929 zusammen mit Morris Frank die erste amerikanische Ausbildungsstätte „The Seeing Eye Dog“ in Morristown, New Jersey gründete.
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Schnelle Erziehung
1917 wurden insgesamt 100 Führhunde in Oldenburg ausgebildet, zwei Jahre später waren es bereits über 500. Die große Nachfrage beschleunigte die Ausbildung – zum Leid der Vierbeiner. Um die Abrichtung effizienter zu gestalten, wurden sogar Peitschen eingesetzt. Erst, nachdem Augenzeugen von brutalen Erziehungsmaßnahmen und den Schmerzenslauten der Tiere berichteten, horchten Tierschützer auf. Seit 1923 setzt sich der „Verein für Deutsche Schäferhunde“ in Potsdam für ein gewaltfreies Training ein.
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Der Ausbildungsweg
Nach Schätzungen des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes werden in Deutschland heutzutage jährlich rund 300 Führhunde ausgebildet. Heute belohnen die Ausbilder die Tiere vor allem mit Lob und Leckerlis. Schon im Welpenalter werden die geeigneten Vierbeiner ausgesucht. Eine Patenfamilie kümmert sich circa ein Jahr um ihren Schützling und bringt ihm Grundgehorsam und Sozialverhalten bei.
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Besondere Herausforderungen
Danach erlernen die Junghunde die Führfähigkeit. Dafür bringen die Ausbilder den Tieren besondere Befehle bei, beispielsweise „rechts, links, geradeaus“. Außerdem wird ihnen beigebracht, wie sie einen freien Sitzplatz für das Herrchen finden. Doch die Vierbeiner müssen auch mitdenken: Befindet sich beispielsweise eine Baustelle im Weg, müssen sie sich der Anweisung des Herrchens widersetzen und einen anderen Weg finden. Besonders schwierig sind Hürden, die sie nicht selbst betreffen – so müssen die Hunde auch Hindernisse auf Kopfhöhe des Besitzers erkennen.
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Der passende Begleiter
Welche Voraussetzungen müssen die Hunde mitbringen? Besonders geeignet sind mittelgroße Tiere mit einer Schulterhöhe zwischen 50 und 65 Zentimetern. Als Rassen werden Labrador (Bild), Golden Retriever, Deutscher Schäferhund, Riesenschnauzer und Großpudel bevorzugt. Das liegt vor allem an ihren positiven Eigenschaften: Sie sind intelligent, nervenstark, verlässlich und verträglich. Hunde mit Jagdtrieb sind für diesen Job eher ungeeignet.
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