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Bike-Refurbishing: So wird E-Mobilität erschwinglich

Foto: Christian Bonk

E-Bike-Refurbishing: So wird E-Mobilität erschwinglich

Der E-Bike-Markt boomt seit einigen Jahren. Entsprechend entsteht auch nach und nach ein hochinteressanter Markt an Gebraucht-E-Bikes. Dabei setzt sich der Refurbishing-Trend absolut durch. Das verbirgt sich dahinter:

E-Bikes sind aus dem heutigen Straßenbild ebenso wenig wegzudenken wie aus den Radwegenetzen der Naherholungsgebiete. Als die Nachfrage nach E-Bikes in der Corona-Zeit sprunghaft anstieg, kamen aufgrund der weltweit verzögerten Lieferketten und des Chipmangels selbst die marktführenden Premium-Fahrradhersteller kaum noch hinterher. Entsprechend leergefegt war in dieser Zeit auch der Gebrauchtfahrradmarkt. Zeitweise war es schwieriger, einen Verkaufstermin beim regionalen Fahrradhändler zu bekommen als bei einem hochdekorierten Facharzt.

Inzwischen hat sich der Markt beruhigt. Neu-E-Bikes gibt es wieder in ausreichender Stückzahl und vor allem Miet- und Leasing-Konzepte finden immer mehr Fans, vor allem, wenn diese von Arbeitgebern unterstützt werden. Dies wiederum führt dem stetig wachsenden Gebrauchtmarkt immer mehr Leasing- und Miet-Rückläufer zu. Dies führt allmählich zu einer Marktsituation, die dem Gebrauchtauto-Markt immer ähnlicher wird.

Rebike sah den Trend voraus

Auch wenn die aktuelle Entwicklung im Gründungsjahr von Rebike 2018 kaum so zu prognostizieren war, hatten Sven Erger und sein Mitgründer den richtigen Riecher. Rebike war zunächst als reines Refurbishing-Unternehmen gestartet, dann aber schon 2019 um den professionellen E-Bike-Vermietservice erweitert worden, was sich schnell als clevere Strategie erwies. Die Vision war schon damals eine europaweit einzigartige „Refurbishing-Fabrik“, in der die Rücklauf-E-Bikes inklusive aller sensiblen Bauteile instandgesetzt werden, um sie dann mit zwei Jahren „Refurbisher-Garantie“ an Endkunden zu verkaufen.

E-Bike-Refurbishing: So wird E-Mobilität erschwinglich – ein E-Bike wird verpackt
Foto: Rebike

Angesichts eines Durchschnittskaufpreises von über 3000 Euro für ein neues E-Bike in Deutschland bietet Rebike nun auch all jenen einen finanzierbaren Weg zum E-Bike, die das bisherige Neupreis-Niveau abgeschreckt hat. Denn bei Rebike gibt es runderneuerte Marken-E-Bikes, die technisch auf dem Level eines Neurades sind, um bis zu 40 Prozent Abschlag zum regulären Neupreis ab Hersteller.

Inzwischen nur noch 50 Prozent aus eigener Vermietung

Wie schlüssig Sven Ergers Konzept ist, zeigt die Tatsache, dass heute von den mehreren Tausend Secondhand-E-Bikes, die aktuell bei Rebike zu bekommen sind, nur noch gerade mal 50 Prozent aus der eigenen Vermietung stammen. Längst haben die Hersteller selbst, andere Vermiet- und Leasingunternehmen sowie große Händler den Vorteil des refurbishten E-Bikes erkannt und senden ihre Gebrauchträder in die Kemptner Fabrik von Rebike, um sie über deren Plattform zu verkaufen.

Die 3500 Quadratmeter große Halle am Stadtrand von Kempten gilt momentan als eine der größten und modernsten Refurbishing-Anlage ihrer Art in Europa. Räder, die hier angeliefert werden, werden zunächst mit einer digitalen Welt verkuppelt, die sie fortan auf dem Rest ihres E-Bike-Lebens begleitet. Rebike-Chef Sven Erger erklärt das Erfolgsgeheimnis: „In erster Linie sind wir eine IT-Firma, die die Prozesse rund um das E-Bike-Geschäft komplett neu definiert hat“.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass zwar in der Kemptner Refurbishing-Halle sich etwa 50 Mitarbeiter um die Reparatur, die Ersatzteile, die Qualitätssicherung sowie die Logistik kümmern, während im Münchner Headoffice sogar eine Handvoll mehr Teammitglieder sich um die Themen Finance, Software, Marketing und IT-Entwicklung kümmern – digital betreutes Schrauben also.

E-Bike-Refurbishing: So wird E-Mobilität erschwinglich – Refurbishing-Halle von Rebike
Foto: Rebike

Vor dem Technik-Check: Ab in die Radl-Dusche

Zu Beginn des digitalen Prozesses wird jedes E-Bike mit einer Nummer versehen, die seine digitale Begleitakte kennzeichnet. Typ, Rahmennummer, Ausstattungsdetails sowie die elektronischen Daten zum Motor wie dem Akku werden dokumentiert. Dann geht es sozusagen „ins Bad“. Rebike hat in Zusammenarbeit mit einem ansässigen Maschinenbauer eine E-Bike-Waschanlage konstruieren lassen, die wohl einmalig auf dem Markt ist.

Kaum ist das E-Bike eingeschoben und das Tor der Waschanlage geschlossen, beginnt ein agiles Orchester aus Düsen und Bürsten seine Arbeit. Verlässt das Bike seine Dusche nach zwei Minuten wieder, steht es in puncto Sauberkeit einem Bike in der Auslage des Händlers in nichts nach. Selbst die Reifen sehen aus wie fabrikneu.

Nach der Pflege geht es in die Dialogannahme. Hier wird das Bike einem strengen Check unterzogen, der jedes Anbauteil umfasst und exakt dokumentiert wird. Darüber hinaus werden kosmetische Fehler wie Schrammen, Kratzer oder Abschürfungen penibel erfasst. Im nächsten Schritt werden die Daten zum Antrieb und zum Akku ausgelesen. Jens (42), der das Auslese-Team leitet, erklärt am Bildschirm die Daten, die seiner finalen Analyse zugrunde liegen.

Details wie die höchste Akkutemperatur oder der Anteil von Fahrten in höchster Leistungsstufe sowie die tatsächlich noch messbare Ladekapazität lassen ihn letztlich darüber entscheiden, ob ein Akku oder ein Motor ausgewechselt werden müssen. Ebenso akribisch checken er und sein Team nach den elektrischen Bauteilen die Schaltung und die Bremsen. „In der Regel dauert ein gründlicher Check 20 Minuten, es gibt aber auch Räder, deren Überprüfung bis zu einer Stunde dauert, wenn der Exbesitzer besonders ruppig mit seinem Bike umgegangen ist“, erläutert der leidenschaftliche Bike-Mechatroniker.

Nach Montage folgt das strenge QS-Audit

Steht die Analyse und wurde entsprechend dokumentiert, erhält das Montageteam das E-Bike unter seine Fittiche. Im riesigen Ersatzteillager werden zunächst alle Austauschteile zusammengestellt, dann geht das Bike in die Montagestraße. Nach der Montage und dem Austausch der definierten Bauteile rollt das Bike zu den Profis der Qualitätssicherung. Maximilian gehört zu diesem Team und kommt gerade mit einem seiner Prüflinge ums Eck.

„Wir fahren jedes endmontierte Rad ausführlich Probe und kontrollieren alle Funktionen“, erläutert der angehende Bauingenieur, der derzeit fest für Rebike arbeitet. Ganz zum Schluss seiner Beurteilung wird die Taschenlampe gezückt. „Wir verzeichnen jeden Kratzer und füllen ein exaktes Protokoll aus, das dem zukünftigen Interessenten ein ganz klares Bild seines E-Bikes zeichnet, ohne Vertuschung oder verschwiegene Mängel“, erläutert Maximilian weiter.

Die Ergebnisse des QS-Checks werden dem E-Bike quasi in seine Begleitakte geschrieben und gehen nach einem definierten Rechenprozess ins Pricing ein. So basiert jeder individuelle Preis eines Rebike-Gebrauchtrades exakt auf dem QS-Bericht von Maximilian und seinen Kollegen und Kolleginnen.

Zum Finish geht’s ins eigene Fotostudio

Bevor das refurbishte E-Bike schon wenig später im Rebike-Online-Shop auftaucht, geht es ins fabrikeigenen Fotostudio. Ganz wie die Waschanlage ist auch dieser Raum ein „Eigenbau“, der komplett digitalisiert arbeitet und vermutlich einmalig im E-Bike-Business ist. Das frisch aufbereitete E-Bike wird in der Raummitte exakt positioniert. Die Türen werden geschlossen und schon geht das Shooting los.

E-Bike-Refurbishing: So wird E-Mobilität erschwinglich – zum Finish geht’s ins eigene Fotostudio
Foto: Rebike

Nach einem genauen Bildplan werden vom E-Bike 16 Fotos aus allen relevanten Perspektiven geschossen. Weist die QS-Akte etwa einen Kratzer auf dem Rahmen-Hauptrohr auf, kann der potenzielle Käufer sich diesen in höchster Auflösung anschauen und gezielt heranzoomen, bevor er eine Kaufentscheidung trifft. „Bei uns sieht jeder Kunde die Originalbilder von genau seinem Rad, damit spielen wir bis zum Kaufvertrag mit absolut offenen Karten“, erklärte Rebike-Chef Sven Erger diesen abschließenden Service.

Daher hat Sven Erger auch keine Bauchschmerzen dabei, seine Gebraucht-E-Bikes mit zwei Jahren Garantie auszustatten. Das E-Bike, das wir gerade auf seinem Prozess begleitet haben, steht inzwischen vor der Logistikhalle, wo es fertigmontiert außer dem quergestellten Lenker und den Pedalen (Inbusschlüssel und Anleitung inklusive) in einen standardisierten Karton verpackt wird – und vermutlich schon bald bei seinem neuen Besitzer angeliefert wird – gekauft wie gesehen, zum individuellen Preis weit unter dem Neuradüreis.

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