Ob Brokkoli, Fruchtsaft oder Bio-Ware – viele Lebensmittel eint der Ruf, besonders heilsam und förderlich zu sein. Doch was steckt wirklich dahinter?
Nahrung ist das mächtigste Bedürfnis des Menschen. Es ist der Treibstoff unseres Körpers, beeinflusst unser Wohlbefinden und entscheidet über unsere Leistungsfähigkeit. Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit war das Angebot an Nahrungsmitteln so groß und so vielfältig wie heute – und zu keinem Zeitpunkt gab es strengere Lebensmittelkontrollen. Dennoch wissen immer weniger Menschen eine Antwort auf die Frage: Wie ernähre ich mich gesund? Kein Wunder: Fast 30.000 aktuelle Studien zu diesem Thema gibt es weltweit. Magazine, Internetangebote oder Fitnessgurus veröffentlichen tagtäglich frei erfundene oder halbwissenschaftliche Ergebnisse über positive oder negative Effekte bestimmter Lebensmittel oder Ernährungsformen. Oft stehen mächtige Interessengruppen dahinter, für die der entsprechende Trend bares Geld bedeutet. Doch wie gesund ist vermeintlich gesundes Essen wirklich? wdw hat zusammen mit Wissenschaftlern eine ganze Reihe von weit verbreiteten Ernährungsregeln auf ihre Wirkung abgeklopft.
Mythos: Spinat
Das grüne Blatt-Gemüse ist gut für das Blut und damit gut für unsere Gesundheit, da es besonders viel Eisen enthält.
Auswirkung auf den Körper
Der Eisengehalt von Spinat ist mit etwa 4,1 Milligramm auf 100 Gramm vergleichsweise gering. Wer bei seiner Ernährung Wert auf blutbildendes Eisen legt, sollte sich eher an Leberwurst (5,9 mg), Schokolade (6,7 mg) und Pistazien (7,3 mg) halten.
Mythos: Superfoods
Es gibt einige Lebensmittel, die in ihrer gesundheitlichen Wirkungen alle anderen übertreffen: Granatäpfel etwa schützen vor Krebs, Brokkoli ist ein Entgiftungswunder.
Auswirkung auf den Körper
Granatäpfel enthalten tatsächlich viele Antioxidanzien, die vor Krebs schützen. Und Brokkoli stimuliert die Leber – doch das gilt für andere Früchte bzw. Kohlarten genauso. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es besser, sich vielseitig zu ernähren, anstatt sich auf wenige Superfoods zu konzentrieren.
Mythos: Möhren
Wer viele Möhren isst, kann besser sehen. Denn das Gemüse enthält Betacarotin und schärft unseren Blick.
Auswirkungen auf den Körper
Betacarotin wird im Körper zu Vitamin A umgewandelt. Das ist wichtig für den Sehvorgang, doch Fehlsichtigkeit heilt das Wurzelgemüse damit nicht.
Mythos: Nahrungsergänzungsmittel
Sie sind gesund, weil sie dem Körper die Stoffe geben, die ihm fehlen. Vitaminpillen beispielsweise können die Abwehrkräfte stärken oder uns besser aussehen lassen.
Auswirkungen auf den Körper
In Wahrheit sind sie eher schädlich. Das Deutsche Krebsforschungszentrum warnt: „Vitamin E kann das Krebsrisiko erhöhen. Raucher, die Carotin-Tabletten einnehmen, bekommen häufiger Lungenkrebs. Männer, die Vitamin E und/oder Selen schlucken, steigern ihr Risiko für ein Prostatakarzinom.“
Mythos: Milch
Milch stärkt die Knochen und hält sie länger stabil.
Auswirkungen auf den Körper
Das Calcium in der Milch trägt nicht zur Knochendichte bei. Im Gegenteil: Es kann das Risiko von Knochenbrüchen erhöhen. Denn Milch übersäuert den Körper. Um die Säuren zu neutralisieren, benötigt der Körper Mineralstoffe aus Knochen und Zähnen.
Mythos: Wein
Ein Glas Wein am Abend ist gesund, da es den Spiegel des HDL-Cholesterins erhöht. Der Grund: Das sogenannte „gute Cholesterin“ wirkt positiv auf das Herz und die Gefäße.
Auswirkungen auf den Körper
Forscher der Universitäten in Olmütz und Prag bestätigten zwar, dass HDL-Cholesterin vor Herz- und Gefäßkrankheiten schützt – bewiesen ist aber auch, dass Wein keinen Einfluss auf diesen Spiegel hat. Ein Gesundheitseffekt war demnach nicht feststellbar.
Mythos: „Light“-Produkte
Fett- oder zuckerreduzierte Produkte („light“) sind weniger schädlich als herkömmliche Lebensmittel.
Auswirkungen auf den Körper
Studien zeigen: Wenn ein Lebensmittel als gesund gilt, essen wir mehr davon – und gleichen so den Vorteil wieder aus.
Mythos: Reiswaffeln
Die dicken Scheiben bringen fast kein Gewicht auf die Waage und sind fettfrei – das macht sie zu idealen Diätbegleitern.
Auswirkungen auf den Körper
Tatsächlich hat eine Reiswaffel nur 30 Kalorien. Das Problem: Reiswaffeln erhöhen den Blutzuckerspiegel fast so schnell wie reine Glucose. Das regt die Verdauung an, was zu einer raschen Unterzuckerung führt – und der Hunger ist wieder da.
Mythos: Bio-Fleisch
Ökologisch gehaltene Tiere dürfen keine Antibiotika bekommen.
Auswirkungen auf den Körper
Stimmt nicht: Zwar dürfen Antibiotika nicht vorbeugend eingesetzt werden wie in konventioneller Haltung – doch einmal im Leben dürfen auch Bio-Tiere bei Krankheit ein Antibiotikum erhalten. Ihr Fleisch darf dann allerdings erst nach einer bestimmten Frist in den Handel gelangen.
Mythos: Zitronen
Wer krank ist, sollte Zitronensaft zu sich nehmen – kein anderes Lebensmittel enthält mehr Vitamin C.
Auswirkungen auf den Körper
Tatsächlich steckt in Zitronen relativ viel Vitamin C, etwa 53 Milligramm pro 100 Gramm Frucht. Aber Kiwi, Paprika oder Chili enthalten etwa das Doppelte oder mehr, Acerola-Beeren sogar das 32-Fache.
Mythos: Reis
Reis gilt als gesunde und vollwertige Alternative, etwa zur dick machenden Kartoffel.
Auswirkungen auf den Körper
Vollkorn-Reis enthält tatsächlich viele Mineralstoffe und Vitamine, der handelsübliche weiße Reis besteht dagegen vor allem aus Kohlenhydraten (wie übrigens Kartoffeln auch) ohne viel Nährstoffe.
Mythos: Soja
Sojaprodukte liefern viel wertvolles Eiweiß und dienen Vegetariern daher als gesunder Fleischersatz.
Auswirkungen auf den Körper
Sojaprodukte enthalten sekundäre Pflanzenstoffe (Isoflavone), die bei Überdosierung eine krebsfördernde Wirkung haben. Die Food and Drug Administration der USA empfiehlt nicht mehr als 25 Gramm Sojaprotein pro Tag – das entspricht ungefähr 300 Gramm Tofu oder 800 Millilitern Sojamilch.
Ob Brokkoli, Fruchtsaft oder Bio-Ware – viele Lebensmittel eint der Ruf, besonders heilsam und förderlich zu sein. Doch was steckt wirklich dahinter?