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Zwischen Leben und Tod: Das Schicksal von Komapatienten

Foto: Envato / guyswhoshoot

Zwischen Leben und Tod: Das Schicksal von Komapatienten

Schon zehn Minuten akuter Sauerstoffmangel können in unserem Gehirn irreparable Schäden anrichten. Dauert er länger an, werden wir bewusstlos und fallen ins Koma.

Pro Jahr fallen nach groben Schätzungen des Bundesverbands für Schädel-Hirnpatienten in Not e. V. etwa 40.000 Menschen in Deutschland aufgrund schwerster Schädel-Hirnverletzungen ins tiefe Koma. Etwa 20.000 davon verharren anschließend im sogenannten Wachkoma, oft für Monate, manchmal gar für Jahre. Die übrigen erwachen entweder sofort oder sie sterben.

Steckengeblieben in einer Zwischenwelt

Der Hirnstamm in der Tiefe des Gehirns reguliert die lebenswichtigen Grundaufgaben des Körpers wie die Atmung, das Schlucken und den Kreislauf. Das Mittelhirn, ein Teil des Hirnstamms, leitet Informationen aus dem Rückenmark an das Großhirn weiter. Dort liegt der Sitz unseres Bewusstseins. Es verarbeitet alle Sinneseindrücke zu einer Gesamtwahrnehmung. Beim Wachkoma, auch appallisches Syndrom genannt, ist in der Regel die Informationsübertragung des Mittelhirns gestört. Häufig ist auch der Hirnstamm sowie das Großhirn direkt geschädigt.

Wachkomapatienten haben eine normale Lebenserwartung. Doch niemand weiß, ob und wann sie aus den tiefen Abgründen des Bewusstseins wieder auftauchen. Aufsehenerregende Berichte von Menschen, die nach Jahren aus dem Wachkoma aufgewacht sein sollen, werden von der Fachwelt kontrovers diskutiert und für unwahrscheinlich gehalten: War es denn wirklich ein echtes Wachkoma oder doch nur eine weniger tiefe Form der Bewusstseinsstörung?

Dem Tod nahe

Es gibt nur wenige Erfahrungsberichte von Menschen, die aus dem Wachkoma wieder zurückgekehrt sind. Die Mehrheit erinnert sich an nichts. Die Berichte derjenigen, die sich erinnern können, ähneln denen von Nahtoderfahrungen. Sie alle sahen ein weißes Licht am Ende eines Tunnels. Und sie sahen ihr Leben im Zeitraffer noch einmal vor ihrem inneren Auge. Zwischen Leben und Tod gibt es viele Bewusstseinsstufen. Nur die wenigsten von ihnen sind bisher erforscht.

Ärzte sind heute in der Lage zu überprüfen, welche „Sinneskanäle“ ins Gehirn offen sind: Können Wachkomapatienten hören, sehen, fühlen, riechen und schmecken? Um diese Frage zu klären, bedienen sie sich unter anderem der Hirnstrommessung (EEG).

Fehldiagnosen

Was, wenn ein Patient taub und blind ist und deshalb nicht reagiert? Eine eindeutige Diagnose, ob ein Mensch im Wachkoma liegt oder nur in seinem Körper gefangen, aber geistig völlig klar ist, gibt es nicht. Im Gegenteil: Die Quote der Fehldiagnosen liegt bei 40 Prozent. Auch heute noch. Grund sind oft mangelnde Untersuchungen, denn nicht alle Kliniken verfügen über die neuesten und modernsten Untersuchungsgeräte und Methoden.

Leider gehören Schädel-Hirnpatienten und damit auch die Menschen, die im Wachkoma liegen zu einer „Patientenrandgruppe“. Während ein Mensch im Wachkoma liegt, was sich über Monate, wenn nicht sogar Jahre hinziehen kann, ist seine Versorgungs- und Betreuungssituation sowie die finanzielle Absicherung völlig ungeklärt. Wer nicht die Berufsgenossenschaft, eine gut zahlende gegnerische Versicherung, als Kostenträger hat, selbst vermögend oder Sozialhilfeempfänger ist, fällt in ein absolutes Versorgungsloch.

Den meisten Betroffenen bleibt nach erfolgloser Frührehabilitation nur der Ausweg, den Komapatienten zu Hause selbst zu versorgen, denn die Krankenkassen erklären sich für das Krankheitsbild „Apallisches Syndrom“ / Wachkoma nicht mehr zuständig.

Laut Angaben des Bundesverbandes werden Angehörige oft mit den Worten: „Der Patient ist austherapiert, es gibt leider keine weitere Hoffnung“, abgefertigt. Doch wer weiß, vielleicht ist das Leben in der Zwischenwelt ja schöner, als wir es uns vorstellen. Und vielleicht sind Wissenschaftler ja schon bald in der Lage, Licht in die dunkle unbekannte Welt zu bringen.

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