Welt der Wunder

Nicht glauben, sondern wissen

Reden wie gedruckt - die Redenschreiber

Foto: Imago / Fabian Matzerath

Redenschreiber – begehrter Job oder undankbares Texterdasein?

Ob Staats- und Regierungschefs oder Privatpersonen auf Hochzeiten und Firmenfeiern – täglich werden unzählige Reden gehalten. Doch diese wollen gut vorbereitet sein. Gerade für offizielle Anlässe gibt es dafür professionelle Redenschreiber.

„Wir schaffen das“, „Make Amerika great again“ oder „Yes, we can!“. Jeder kennt diese Zitate – aber von wem stammen sie? Wer schreibt eigentlich die Reden der Bundeskanzlerin oder des amerikanischen Präsidenten? Zwar weiß jeder, dass die gesprochenen Worte, denen wir so gerne Glauben schenken, gar nicht von dieser Person selbst stammen. Aber während wir an den Lippen der Redner hängen, denken wir nur selten an die so genannten Ghostwriter oder Redenschreiber

Wie viel Profi steckt hinter den Redenschreibern? 

Es ist gar nicht so einfach, eine große bedeutungsvolle Rede zu schreiben – schon gar nicht eine, die in die Geschichte eingehen soll. Kein Wunder also, dass nicht jeder 0-8-15-Texter solch einem Job nachgehen wird. In der Regel ist es auch so, dass höhere Persönlichkeiten sich die Ghostwriter aussuchen, nicht andersrum. Wer aber das Glück hat, der verdient sicher nicht schlecht. Bis es so weit ist, muss man sich aber jede Menge Wissen aneignen: Viele der heutigen Redenschreiber haben eine langjährige Ausbildung oder diverse Studien hinter sich. 

Wie viel Arbeit hinter einer Rede eigentlich steckt, wird klar, wenn wir uns eine anhören, deren Worte uns fesseln oder mitreißen. Eine Rede sollte für jeden verständlich, klar und anschaulich sein. Sie sollte begeistern, überwältigen und dabei nicht vom eigentlichen Thema abschweifen. Sie darf nicht zu sehr übertreiben, muss Gefühle bei den Zuhörern wecken und im Gedächtnis bleiben. Ganz schön viele Anforderungen an einen Redenschreiber.

Große Reden schwingen und von sich überzeugen. Viele Schreiber beherrschen die genannten Anforderungen aus dem FF. Die Menschen hinter den bekannten Sätzen kennt man aber nicht – nicht einmal die der Bundeskanzler oder anderer großen Persönlichkeiten. Profis wissen um ihr Talent, müssen aber damit leben können, dass andere für die eigenen Worte Applaus und Ehrung erhalten. Wer Redenschreiber sein möchte, der muss sich darüber freuen können, dass seine Rede gut ankam, auch wenn man nicht selbst dort oben stand. 

Wie erreichen Worte das Publikum?

Beim Redenschreiben liegt die Herausforderung nicht darin, einen spannenden Text zu verfassen. Eine Rede muss so geschrieben sein, dass der Redner genau weiß, wann er lauter, leiser, bestimmt, sachlich, ruhig oder auffordernd sprechen muss. Er muss wissen, wann er eine Pause einlegen sollte, um den Zuschauern einen Moment des Nachdenkens zu geben und wann er das Publikum ansehen soll, wann er den Kopf heben oder senken soll und auf den Punkt genau die richtigen Gesten machen soll. 

Es ist nicht ganz klar, wie viele Redenschreiber es in Deutschland gibt. Das liegt sicher auch daran, dass das für die meisten Redner ein Tabuthema ist. Denn die Zuhörer sollen natürlich davon ausgehen, dass die Rede vom Redner selbst stammt. Nicht selten müssen die Schreiber deshalb Verschwiegenheitserklärungen abgeben. Aber auch das wird seinen Preis haben. So kann es schon einmal vorkommen, dass ein Redner für eine 10-minütige Rede 1.250 Euro hinblättern muss, wobei man davon ausgehen kann, dass eine Minute Redezeit etwa einer Stunde Arbeit entspricht. Was die Redenschreiberin von Angela Merkel, Eva Christiansen (Bild), verdient, ist nicht bekannt. Über sie weiß man, dass sie vor ihrem Jobantritt Volkswirtschaftslehre studierte und im Besitz eines Diploms ist. Zunächst arbeitete sie als Assistentin eines Wirtschaftsprüfers, und trat 1997 der CDU bei. Hier war sie Parteisprecherin, bis sie zwei Jahre später zur ersten Sprecherin aufstieg.
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